Löschungsanspruch des Unternehmens bei 1-Stern-Negativbewertung und Beweislastverteilung – das Landgericht Frankenthal (Pfalz) entschied mit Urteil vom 22.05.2023, Az. 6 O 18/23: Wer im Internet negative Tatsachen über ein Unternehmen veröffentlicht, muss beweisen, dass diese Behauptungen auch zutreffend sind. Gelingt der Beweis nicht, kann das rezensierte Unternehmen verlangen, dass die Bewertung gelöscht wird.
Inhalt
Sachverhalt: Worum geht es?
Der spätere Beklagte hatte das klagende Unternehmen damit beauftragt, seinen Umzug durchzuführen. Die Durchführung des Auftrags bewertete er einige Zeit später auf einer Online-Bewertungsplattform mit nur einem von fünf möglichen Sternen. Im Bewertungstext behauptete er unter anderem, ein Möbelstück sei beim Transport beschädigt worden. Niemand habe sich darum gekümmert, den Schaden zu beheben.
Der Inhaber des Umzugsunternehmens streitet dagegen ab, dass es zu einem Schaden gekommen sei. Er sieht die Behauptung des Kunden, man habe sich nicht gekümmert, als rufschädigend für sein Unternehmen an.
Ergebnis: Wie entschied das Gericht?
Die Kammer gab in ihrem Urteil dem Unternehmer recht und verurteilte den Beklagten, die in seinem Bewertungskommentar enthaltene negative Behauptung zu löschen.
Entscheidungsgründe:
Die negative Äußerung des Kunden in dem Online-Bewertungsportal schade dem Inhaber des Umzugsunternehmens. Dem stehe zwar das Recht des Kunden gegenüber, seine Meinung über den durchgeführten Auftrag in der Bewertung frei äußern zu dürfen. Die im Streit stehende Behauptung, es sei ein Möbelstück beschädigt worden, sei jedoch keine so geschützte Meinung, sondern eine Tatsachenbehauptung. Denn sie beschreibe etwas, das wirklich geschehen sein soll. Das müsse vom bewerteten Unternehmen nur hingenommen werden, wenn deren Wahrheitsgehalt feststehe. Deshalb müsse derjenige, der in Internet-Bewertungen eine Tatsache behauptet, im Streitfall beweisen, dass diese auch zutreffend ist. Dies war dem Kunden des Umzugsunternehmens nach Ansicht der Kammer nicht gelungen, weswegen sie der Unterlassungsklage des Unternehmens insoweit stattgegeben hat.
Der Streitwert wurde durch Beschluss auf 10.000,00 € festgesetzt.
Auswirkung auf die Praxis
Die Beweislastverteilung betrifft nicht nur die 1-Stern-Bewertung als schlechtestmögliche Bewertung. Sie gilt für jede andere nachteilige Bewertungsstufe, die mit einer negativen Tatsachenbehauptung begründet wird.
Der Streitwert von 10.000 € bedeutet, dass sich der unterlegene Autor der Negativbewertung Kosten in Höhe von insgesamt rund 4.200 € gegenübersieht. Negativbewertungen, die mit Tatsachenbehauptungen einhergehen, wollen also gut überlegt sein. Das Prozesskostenrisiko ist erheblich. Nachtreten kann teuer werden.
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