Kostenlose Erstberatung?

Der Irrtum über die kostenlose Erstberatung

Kostenlose Erstreparatur in der Autowerkstatt? Gibt es nicht. Kostenlose Erstsemmel beim Bäcker? Kostenlose Erstwurst beim Metzger? Gibt es auch nicht.

Immer wieder erreichen die Kanzlei Anfragen mit der Bitte, einen Sachverhalt im Rahmen einer „kostenlosen Erstberatung“ juristisch zu überprüfen. Der Rechtsanwalt soll anhand des mitgeteilten Sachverhalts klären, ob die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung Aussicht auf Erfolg bietet, und hierzu seine verbindliche Empfehlung geben. Mitgebrachte oder vorab übersandte Unterlagen soll der Rechtsanwalt durchlesen. Am Ende soll dann entschieden werden, ob die weitere Tätigkeit des Rechtsanwalts erforderlich ist und dem Rechtsanwalt das Mandat erteilt werden soll.

Vergütungspflichtiges Mandat

Zugrunde liegt eine weit verbreitete Fehlvorstellung über den Zeitpunkt, wann das vergütungspflichtige Mandat mit dem Rechtsanwalt zustande kommt. Zugrunde liegt die Fehlvorstellung, dass das Mandat erst zustande kommt, wenn die Beauftragung des Rechtsanwalts aus der Sicht der Mandantschaft sinnvoll ist und einen wirtschaftlichen Gewinn verspricht.

Tatsächlich beginnt die kostenpflichtige Tätigkeit des Anwaltes, sobald die Mandantschaft den Auftrag erteilt, den Sachverhalt rechtlich zu prüfen.

Schon diese erste Überprüfung der Erfolgsaussicht ist Teil des Mandates, ganz egal, ob sie nun schnell und einfach erledigt ist oder langwierig und schwierig ist. Schon diese erste Überprüfung hat einen Vergütungsanspruch zur Folge – ebenso, wie in der Autowerkstatt die erste Untersuchung des Fahrzeugs etwas kostet, ebenso, wie beim Bäcker bereits die erste Semmel etwas kostet.

Kostenloses Orientierungstelefonat

Selbstverständlich: Bei einem Anruf in einer Anwaltskanzlei sollen nicht von der ersten Sekunde an Kosten auflaufen, kaum dass der Rechtsanwalt den Telefonhörer abgenommen hat. In einem ersten Orientierungstelefonat, das etwa 10 Minuten in Anspruch nehmen wird, wird kurz besprochen,

  • worum es geht (handelt es sich um ein Rechtsgebiet, das die Kanzlei bearbeitet?),
  • welche Kosten dabei zu erwarten sind (gesetzliche Vergütung? Vergütungsvereinbarung?)
  • und wann ein Beratungsgespräch (Besprechung in der Kanzlei? Besprechung am Telefon? Videokonferenz?) stattfinden soll.

Aber: Eine verbindliche rechtliche Prüfung durch den Rechtsanwalt kann auf diese Weise am Telefon noch nicht stattfinden.

Das Orientierungstelefonat dient also nur der Entscheidung, ob das Mandat erteilt werden soll, und dessen organisatorischer Vorbereitung. Es beinhaltet aber noch keinen konkreten, maßgeschneiderten, Rechtsrat.

Rechtlicher Rat = Vergütung

Sobald der Rechtsanwalt allerdings einen von der Mandantschaft mitgeteilten Sachverhalt inhaltlich beurteilt und der Mandantschaft einen konkreten rechtlichen Rat erteilt, entstehen dadurch Kosten. Und zwar auch dann, wenn der Rat lautet, die Angelegenheit nicht weiter zu verfolgen. Das gleich gilt, wenn der Rechtsanwalt der Mandantschaft nach einer ersten Überprüfung der Unterlagen mitteilt, dass die gelieferten Informationen noch nicht ausreichen, um zu einer rechtlich verbindlichen Entscheidung zu gelangen.

Dabei spielt es keine Rolle, ob dieser Rat oder dieser Hinweis am Telefon, per Brief oder E-Mail oder im Zuge einer Besprechung in der Kanzlei erfolgt.

Warum ist das so? Weil bereits hinter dieser rechtlichen Einschätzung und diesem rechtlichen Rat das juristische Wissen und die praktische Erfahrung des Rechtsanwaltes stehen, und weil der Rechtsanwalt dafür haftet, dass seine Empfehlung richtig ist. Genau deshalb wird der Rechtsanwalt gefragt – weil er weiß, was in juristischer Hinsicht gilt, was in der konkreten Situation notwendig ist, und weil er nicht nur allgemeine Lebenskunde und Seelenmassage bietet.

Würden Sie Ihr Auto in einer Werkstatt überprüfen lassen, die dafür kein Geld will?

Mehr Informationen zum Thema:

→Rechtsanwaltsvergütungsgesetz und Vergütungsvereinbarung

→Beratungshilfe und Prozesskostenhilfe