LG Coburg: Nutzung einer Internet-Domain unter fremdem Namen

Name einer anderen Person als Internet-Domain, Veröffentlichung eines privaten Fotos dieser Person und Geldentschädigung der abgebildeten Person – das Landgericht Coburg entschied mit Urteil vom 29.09.2021, Az. 12 O 68/21: Das Internet ist kein rechtsfreier Raum.

Sachverhalt: Was war geschehen?

Die Klägerin und der Beklagte sind bereits seit dem Jahr 2014 geschieden. Ihr Verhältnis ist weiterhin nachhaltig zerrüttet.

Der Beklagte betrieb eine Internetseite unter dem Vor- und Nachnamen der seiner Ex-Frau, der späteren Klägerin, und veröffentlichte dort Inhalte über sie. Hierbei entstand der Eindruck, die Klägerin selbst habe das veranlasst. Der Beklagte bzeichnete die Klägerin auch als „vollkommen dumm“, als „Dieb(in)“, „Lügner(in)“ und „Betrüger(in)“. Nicht zuletzt veröffentlichte er ein Foto, auf dem die Rückenansicht der Klägerin und deren mit Tangaunterwäsche bekleidetes Gesäß zu sehen war. Die Gesichtszüge oder sonstige individuelle Merkmale der Klägerin waren auf diesem Foto allerdings nicht zu erkennen.

Die spätere Klägerin forderte ihren Ex-Mann auf, die Internetseite freizugeben und das Foto von ihr zu entfernen. Dieser Aufforderung kam der Beklagte nicht nach. Auch eine Geldentschädigung im niedrigen vierstelligen Bereich und die Rechtsanwaltskosten der Klägerin mochte der Beklagte nicht zahlen.

Der Beklagte meinte, sein Tun sei rechtlich nicht zu beanstanden. Weder sei das Namensrecht der Klägerin verletzt noch ihr Recht am eigenen Bild.

Ergebnis: Wie entschied das Gericht?

Das Landgericht Coburg gab der Klägerin teilweise Recht.

_ Internet-Domain unter dem Namen der Klägerin

Das Gericht verurteilte den Beklagten, die Verwendung der Internet-Domain unter dem Namen der Klägerin zu unterlassen und diese sogar gänzlich freizugeben.

Mit der Registrierung und Verwendung dieser Domain habe der Beklagte das Namensrecht der Klägerin verletzt. Der Beklagte habe mit der Nutzung des Namens seiner geschiedenen Ehefrau rechtswidrig den falschen Eindruck erweckt, die Klägerin selbst betreibe diese Seite und habe die Veröffentlichungen veranlasst.

_ Veröffentlichung des Fotos

Das Gericht verurteilte den Beklagten weiter, die Veröffentlichung des Fotos zu unterlassen.

Zwar seien Gesichtszüge oder sonstige individuelle Merkmale der Klägerin nicht zu sehen gewesen. Der Bezug zur Klägerin ergebe sich allerdings aus dem Namen der Internetseite und aus dem Begleittext zum Bild. Dort habe der Beklagte in der Ich-Form über die Mutterrolle der Klägerin in der zerbrochenen Ehe geschrieben und das Foto selbst dazu genutzt, um die Aussage „Man zeigt seinen Kindern den Arsch“ zu unterstreichen. Hierdurch sei das Recht der Klägerin am eigenen Bild verletzt worden.

_ Geldentschädigung

Demgegenüber sah das Gericht die Voraussetzungen für die verlangte Geldentschädigung nicht als gegeben an.

Eine solche Geldentschädigung komme nur bei schwerwiegenden Eingriffen in das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Verletzten in Betracht, beispielsweise bei schweren Eingriffen in die Intimsphäre oder Privatsphäre. Ein Nacktfoto des Intimbereichs der Klägerin sei aber nicht betroffen gewesen. Vergleichbare Bilder eines mit Tangaunterwäsche bekleideten Gesäßes seien beispielsweise auch in wöchentlich erscheinenden Werbeprospekten nichts Ungewöhnliches. Nach dem Begleittext sei auch auszuschließen gewesen, dass die Klägerin durch das Bild zu einem bloßen Lustobjekt gemacht werden sollte.

Wegen ihres engen Zusammenhangs mit einer Aussage der Klägerin als Zeugin in einem Strafverfahren sah das Gericht auch in den ehrenrührigen Bezeichnungen der Klägerin durch den Beklagten die Schwelle zu einer strafbaren Beleidigung noch nicht überschritten.

Das Landgericht verurteilte den Beklagten schließlich, einen Teil der Rechtsanwaltskosten der Klägerin zu übernehmen.

Auswirkung auf die Praxis

Nicht erst seit diesem Urteil aus Coburg ist das Internet kein rechtsfreier Raum. Im Grunde wiederholt das Urteil nur und wendet geradezu old-school-mäßig an, was bereits seit langem ständige Rechtsprechung ist.

Zweifel an der Ausgewogenheit der Entscheidung bleiben allerdings bei der Begründung, der Klägerin keine Geldentschädigung für das Foto zu gewähren. Der Vergleich mit Bildern in Werbeprospekten, auf denen Tanga-Unterwäsche zu sehen ist, hinkt. Hier handelte es sich gerade nicht um Werbung – ganz im Gegenteil. Ein derartiges Bild in einem solchen Kontext kann nur dem Zweck dienen, die abgebildete Person in einer Weise entblößt vorzuführen, wie sie sich der Öffentlichkeit wohl niemals freiwillig zeigen würde, und dadurch bloßzustellen und zum Objekt der Häme zu machen.

Das Persönlichkeitsrecht ist zunächst etwas ganz Abstraktes. Für den Täter ist spürbar ist und tut weh, was Geld kostet. Ein bloßer Unterlassungsanspruch wird von der Schuldnerpartei oft nur als etwas ebenso Abstraktes ohne Nachwirkung erlebt. Hier hätte man der Zivilkammer des Landgerichts Coburg eventuell mehr Gespür für einen angemessenen Interessenausgleich wünschen können. Mobbing und Cyber-Bullying sind nämlich auch nicht nur abstrakt, sondern tun dem Opfer regelmäßig verdammt weh.

 

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