Kein Spam durch Hinweis auf Internetpräsenz in E-Mail-Signatur

Automatische Abwesenheitsnotiz mit E-Mail-Footer und belästigende E-Mail-Werbung – Das Amtsgericht Augsburg entschied mit Endurteil vom 09.06.2023, Az. 12 C 11/23: Der bloße Hinweis auf die Internetpräsenzen eines Unternehmens in einer E-Mail-Signatur im Anschluss an Kontaktdaten des Mitarbeiters, ohne dass dieser mit einem Produkt oder anderen werbenden Angaben verknüpft ist, stellt keine einwilligungsbedürftige Werbung dar.

Sachverhalt: Worum geht es?

Der Kläger begehrte von der Beklagten die Unterlassung von E-Mail-Werbung.

Die Beklagte ist einer der in Deutschland führenden Anbieter digitaler juristischer Informationssysteme. Sie stellt ihren Kunden eine Internetdatenbank für die juristische Recherche zur Verfügung.

Am 13.07.2022 wandte sich der Kläger über das allgemeine Kontaktportal an die Beklagte. Als Grund seiner Anfrage gab er das Thema „Produktberatung & Angebotsanfrage“ an. Der Kläger bekundete darin sein Interesse an den Produkten der Beklagten, unter anderem einem Kommentar zur Bayerischen Bauordnung. Dabei teilte er seine Kontaktdaten mit, unter anderem seine E-Mail-Adresse bei AOL.

Auf die Anfrage des Klägers hin beantwortete am 15.07.2022 ein Vertriebsmitarbeiter der Beklagten die Frage des Klägers, in welchen Produkten die von ihm angefragten Kommentare zur Bayerischen Bauordnung enthalten sind. Es folgten am 02.08.2022 sowie am 18.10.2022 noch zwei Telefongespräche zwischen dem Vertriebsmitarbeiter und dem Kläger. Da der Kläger jeweils äußerte, noch weitere Bedenkzeit zu benötigen, wurde schließlich ein Rückruf durch den Vertriebsmitarbeiter für den 08.12.2022 vereinbart. Nachdem der Vertriebsmitarbeiter den vereinbarten Termin zum Rückruf am 08.12.2022 nicht einhalten konnte, versuchte er am Tag darauf, den Kläger telefonisch zu erreichen. Dies blieb erfolglos. Daher informierte er den Kläger am gleichen Tag entsprechend per E-Mail und ließ ihm aktualisierte Produktdatenblätter zu den bereits besprochenen Modulen der Beklagten zukommen.

Auf die Nachricht des Vertriebsmitarbeiters der Beklagten, vom 09.12.2022 antwortete der Kläger mit der E-Mail vom 12.12.2022, 18:15 Uhr. In dieser E-Mail äußerte sich der Kläger wiederum zu dem einschlägigen Produktangebot der Beklagten, insbesondere den verfügbaren Kommentaren hinsichtlich der Bayerischen Bauordnung, und zog einen Vergleich zu dem Produktangebot eines weiteren Anbieters von Online-Datenbanken.

Auf diese E-Mail erhielt der Kläger von dem Vertriebsmitarbeiter der Beklagten, eine automatische Antwort per E-Mail mit folgendem Wortlaut:

„Guten Tag und vielen Dank für Ihre E-Mail.

Ich bin ab dem 13. Dezember 2022 wieder im Büro.

Sie können nicht so lange warten?

In diesem Fall wenden Sie sich bitte an meine Kollegen unter der Rufnummer: …

Freundliche Grüße

[Name des Vertriebsmitarbeiters]

[Firma der Beklagten]

[Adresse der Beklagten]

Telefon: +49 […]

Telefax: +49 […]

E-Mail: […]

Internet: https://www.[…].de

Fragen zur Recherche

Geschäftssitz:

http://www.facebook.com/[…]  https://www.twitter.com/[…]  https://www.youtube.com/[…]“

Mit E-Mail vom 12.12.2022, 19:29 Uhr, mahnte der Kläger die Beklagte ab. Er forderte sie zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung auf mit der Begründung, bei der in der E-Mail der Beklagten vom 12.12.2022 genannten Präsenzen handele es sich um unzulässige elektronische Werbung.

Die Beklagte lehnte die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung mit E-Mail vom 23.12.2022 ab.

Ergebnis: Wie entschied das Gericht?

Das Amtsgericht Augsburg wies die Klage in vollem Umfang ab.

Es handle sich bereits nicht um Werbung:

„Die streitgegenständliche E-Mail der Beklagten hatte keinen werblichen Inhalt. Der Verweis auf die Internetpräsenzen der Beklagten durch die Angabe der URL stellt schon keine Werbung dar.

a) Der Begriff der Werbung umfasst nach dem allgemeinen Sprachgebrauch alle Maßnahmen eines Unternehmens, die auf die Förderung des Absatzes seiner Produkte oder Dienstleistungen gerichtet sind. Damit ist außer der unmittelbar produktbezogenen Werbung auch die mittelbare Absatzförderung – z.B. in Form der Imagewerbung oder des Sponsoring – erfasst. Werbung ist deshalb in Übereinstimmung mit Art. 2 fit. a RL 2006/114/EG des Europäischen Parlaments und des Rates v. 12.12.2006 über irreführende und vergleichende Werbung (ABI. EU L 376, S. 21) jede Äußerung bei der Ausübung eines Handels, Gewerbes, Handwerks oder freien Berufs mit dem Ziel, den Absatz von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen zu fördern (vgl. BGH, Urteil vom 15.12.2015 – VI ZR 134/15).

b) Nach diesen Grundsätzen stellt der bloße Verweis auf die Internetpräsenzen eines Unternehmens im Anschluss an Kontaktdaten des Mitarbeiters, ohne dass diese mit einem Produkt oder anderen werbenden Angaben verknüpft sind, keine Werbung dar. Denn dieser Verweis ist gerade nicht unmittelbar darauf gerichtet, die Förderung des Absatzes seiner Produkte oder Dienstleistungen zu erreichen. Er dient vielmehr Informationszwecken, ebenso wie die Angabe der weiteren Kontaktdaten, in deren Zusammenhang die Nennung der Internetpräsenzen als Teil der Signatur des Mitarbeiters zu sehen ist. Auch eine mittelbare Absatzförderung durch Imagewerbung kann das Gericht hierin gerade nicht erkennen.“

Es liege auch keine Rechtswidrigkeit vor:

„Der Kläger müsste eine unterstellte Beeinträchtigung überdies dulden, da sie nach § 1004 Abs. 2 BGB analog rechtmäßig wäre.

Für die Prüfung der Rechtmäßigkeit ist eine Interessenabwägung vorzunehmen. Der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht bzw. in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb des Klägers wäre nur dann rechtswidrig, wenn das Schutzinteresse des Klägers auf Schutz seiner Persönlichkeit und Achtung seiner Privatsphäre bzw. der Schutz der geschäftlichen Sphäre, insb. die Ungestörtheit der Betriebsabläufe des Klägers die schutzwürdigen Belange der Beklagten, mit ihren Kunden zum Zwecke der Produktberatung zu kommunizieren, überwiegen würde Dies ist nicht der Fall. Die Interessenabwägung geht zu Gunsten der Beklagten aus.

Der Kläger erhielt die Abwesenheitsnachricht im Rahmen einer laufenden Produktberatung, zu welcher er selbst mehrfach mit dem Mitarbeiter der Beklagten Kontakt aufgenommen und bereits kommuniziert hat. Die in diesem Zusammenhang zugesandte Abwesenheits-E-Mail hatte für den Kläger als Kunden, welcher konkrete Produkte bei der Beklagten angefragt hatte, einen wesentlichen informatorischen Charakter, nämlich den Zweck zu verhindern, dass dieser wegen der Abwesenheit des Mitarbeiters keine Antwort auf seine Produktanfrage erhält. Unterstellt, der Verweis auf die Internetauftritte der Beklagten würde eine Werbung darstellen, wäre in diesem Zusammenhang zu berücksichtigen, dass die unerwünschte Werbung durch Nennung der Mailadressen die Interessen des Klägers nur vergleichsweise geringfügig beeinträchtigt, zumal er diese einfach ignorieren konnte. Ein gedankliches Beschäftigen mit der Werbemail ist gerade nicht notwendig. Denn es handelte sich bei dem Hinweis der Beklagten offensichtlich nur um Internetauftritte derselben, Eine Trennung von anderen Informationen durch den Kläger ist nicht erforderlich. Vielmehr kann der Kläger es ohne jeden zeitlichen Aufwand unterlassen, die weiteren Internetpräsenzen der Beklagten anzuklicken. Ein Aussortieren eines werbenden Teils der E-Mail ist hierfür gerade nicht erforderlich. Die schutzwürdigen Belange des Klägers überwiegen vorliegend somit gerade nicht.“

Auswirkung auf die Praxis

Dass E-Mail-Werbung nur entsprechend den eng gefassten Voraussetzungen nach § 7 UWG zulässig ist, wissen viele Unternehmer noch immer nicht – und dies bald 20 Jahre nach Inkrafttreten der Norm am 08.07.2004. Noch weniger werbenden Unternehmen ist bewusst, dass Werbung im Sinne des Gesetzes nicht laut und bunt sein muss, sondern grundsätzlich alle Maßnahmen eines Unternehmens umfasst, die auf die Förderung des Absatzes seiner Produkte oder Dienstleistungen gerichtet sind.

Richtigerweise unterscheidet das Amtsgericht Augsburg aber zwischen einer Äußerung mit dem Ziel, den Absatz von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen zu fördern, und bloßen Kontaktinformationen, die nicht unmittelbar darauf gerichtet sind, den Absatz eines Produktes oder einer Dienstleistung zu fördern.

Der unmittelbare Zusammenhang zwischen der Äußerung und den Produkten oder Dienstleistungen des Unternehmens ist also das entscheidende Kriterium. Die schlichte Angabe einer Internetadresse alleine stellt diesen unmittelbaren Zusammenhang noch nicht her. Anders sieht es möglicherweise aus, wenn über diese schlichte Angabe der Adresse hinaus mit einem Apell gearbeitet wird – ein E-Mail-Footer „Besuchen Sie uns auf unserer Website unter […] und folgen Sie uns auf Twitter unter […]!“ kann nach den Maßstäben (nicht nur) des Amtsgerichts Augsburg bereits als Werbung gewertet werden. Die Einstiegsschwelle zur E-Mail-Werbung im Sinne von § 7 UWG ist sehr gering.

Vorsicht also bei Informationen im E-Mail-Footer.

 

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