Urteil: Kein Anspruch auf Erstattung doppelter Inkassokosten

Kein Anspruch auf Erstattung doppelter Inkassokosten von Inkassounternehmen und Rechtsanwalt – das Amtsgericht Stuttgart entschied mit Urteil vom 14.04.2021, Az. 3 C 2746/20: Weigert sich die Schuldnerpartei nach Einschaltung eines Inkassounternehmens weiterhin, die Forderung zu begleichen, so ist die zusätzliche Beauftragung eines Rechtsanwalts zur außergerichtlichen Forderungsdurchsetzung nicht notwendig. Die Gläubigerpartei hat keinen Anspruch auf Ersatz der dadurch hinzugekommenen Anwaltsgebühren.

Sachverhalt: Worum geht es?

Obwohl die Gläubigerin bereits ein Inkassounternehmen eingeschaltet hatte, beglich eine Schuldnerin die von ihr unbestrittene Forderung weiterhin nicht. Die Gläubigerin beauftragte daher im Anschluss einen Rechtsanwalt mit dem zweiten Versuch, die Forderung außergerichtlich durchzusetzen. Weiterhin zahlte die Schuldnerin nicht. Schließlich erhob die Gläubigerin Klage. Dort machte sie neben der eigentlichen Forderung auch die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten als Verzugsschaden geltend, nicht aber die Kosten des Inkassounternehmens.

Ergebnis: Wie entschied das Gericht?

Das Amtsgericht Stuttgart sprach der Klägerin zwar die eigentliche Forderung zu, nicht jedoch den Anspruch auf Erstattung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten. Es sei keine erforderliche und zweckmäßige Maßnahme der Rechtsverfolgung gewesen, nach Einschaltung des Inkassounternehmens zusätzlich einen Rechtsanwalt mit der außergerichtlichen Forderungsdurchsetzung zu beauftragen. Die Klägerin habe nach den erfolglosen Bemühungen des Inkassounternehmens davon ausgehen müssen, dass die Beklagte vor einer gerichtlichen Titulierung der Ansprüche nicht bezahlen würde. Dass die Klägerin nur die Kosten des Rechtsanwalts, nicht aber die zuvor entstandenen Kosten des Inkassounternehmens als Verzugsschaden geltend gemacht hat, ändere daran nichts.

Auswirkung auf die Praxis

Nach § 4 Abs. 5 sind Kosten eines Inkassounternehmens für vorgerichtliche Beitreibungsmaßnahmen nur bis zur Höhe derjenigen Vergütung erstattungsfähig, die einem Rechtsanwalt hierfür nach den Vorschriften des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes (RVG) zusteht. Anders ausgedrückt: Diese ersatzfähigen Kosten eines Inkassounternehmens können ebenso hoch sein wie die entsprechenden ersatzfähigen Kosten eines Rechtsanwalts.

Aber auch bei bilanzieller „Neutralität“ der Nebenforderung – Inkassokosten und Rechtsanwaltskosten in gleicher Höhe – kommt es bei der rechtlichen Beurteilung, ob die Aufwendungen zweckmäßig, erforderlich und angemessen waren, nicht nur auf den Forderungsbetrag, sondern auch auf den Forderungsgrund an. Eine nicht mehr zweckmäßige Folgemaßnahme und die durch sie ausgelösten zusätzlichen Kosten werden nicht geheilt, indem auf den Ersatz der Kosten der – an sich zweckmäßigen – ersten Maßnahme verzichtet wird.

Bei einer kostenpflichtigen Zahlungsaufforderung oder bei einer Klage, mit der auch vorgerichtliche Gebühren mit geltend gemacht wird, lohnt es sich also, doppelt hinzuschauen: Ist die Höhe dieser Aufwendungen korrekt berechnet? Und was ist überhaupt der Grund, weswegen diese Kosten angefallen sind? Wer genau hinsieht, kann Geld sparen.

 

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