Das Bundesverfassungsgericht entschied mit Urteil vom 07.09.2011, Az. 1 BvR 1012/11: Die Kosten eines Inkassounternehmens können grundsätzlich als Verzugsschaden geltend gemacht werden. Einschränkungen sind etwa, dass die Höhe der geltend gemachten Kosten die alternativ bei Beauftragung eines Rechtsanwalts entstehenden Kosten nicht übersteigen dürfen und dass der Schuldner zum Zeitpunkt der Beauftragung nicht bereits von vornherein erkennbar zahlungsunwillig gewesen ist.
Was war geschehen?
Ausgangsverfahren war ein Zivilrechtstreit vor dem Amtsgericht Brandenburg an der Havel. Die Beschwerdeführerin vor dem Bundesverfassungsgericht war dort Klägerin. Sie ist ein privatärztliches Abrechnungsinstitut, das ärztliche Honorarforderungen gegen Patienten gewerbsmäßig ankauft, sich abtreten lässt und anschließend eigenständig geltend macht. Das Abrechnungsinstitut ließ sich im Ausgangsverfahren mehrere ärztliche Honorarforderungen gegen den dortigen Beklagten abtreten. Der Beklagte zahlte die geforderten Honorare ohne Angabe von Gründen nicht. Das Abrechnungsinstitut beauftragte daher ein Inkassounternehmen, die Forderungen geltend zu machen. Im Verfahren vor dem Amtsgericht klagte das Abrechnungsinstitut neben den Honorarforderungen unter anderem auch die Kosten des Inkassounternehmens ein. Das Amtsgericht wies die Klage über diese Inkassokosten ab und ließ die Berufung gegen das Urteil nicht zu.
Wie entschied das Bundesverfassungsgericht?
Das Gericht verwies auf vielfache höchst- und obergerichtlicher Rechtsprechung und herrschende Meinung in der Literatur. Hiernach könnten die Kosten eines Inkassounternehmens grundsätzlich als Verzugsschaden geltend gemacht werden. Nach herrschender Meinung anerkannte Einschränkungen seien etwa, dass die Höhe der geltend gemachten Kosten die alternativ bei Beauftragung eines Rechtsanwalts entstehenden Kosten nicht übersteigen dürften und dass der Schuldner zum Zeitpunkt der Beauftragung nicht bereits von vornherein erkennbar zahlungsunwillig gewesen sei. Da das Amtsgericht von dieser herrschenden Rechtsauffassung habe abweichen wollen, habe es die Berufung zwingend zulassen müssen.
Welche Auswirkung hat die Entscheidung auf die Praxis?
Bei der Überprüfung, ob ein Inkassounternehmen seine Kosten vom Schuldner ersetzt verlangen kann, ist doppelte Aufmerksamkeit geboten. Wird ein Inkassounternehmen eingeschaltet, bevor die Forderung einer Anwaltskanzlei zur weiteren Beitreibung übergeben wird, so scheidet ein Kostenersatz möglicherweise aus, wenn der Schuldner rechtserhebliche Einwende gegen die Forderung vorbrachte oder sonst feststand, dass die Forderung nur im Klageweg durchgesetzt werden konnte. Dann dürfen die Inkassokosten nicht höher sein als die vergleichbare Vergütung eines Rechtsanwalts. Es empfiehlt sich also, die Inkassokosten anhand des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes nachzurechnen.