Inkassokosten: Kein Ersatz bei erkennbar zahlungsunwilligem Schuldner

Zum Ersatz der Inkassokosten entschied das Landgericht (LG) Berlin mit einem am 23.10.2012 online gestellten Urteil vom 08.02.2012, Az. 4 O 452/11: Eine Gläubigerpartei mit hinreichender Geschäftserfahrung (hier: ein Leasing-Finanzierer) verstößt gegen ihre Schadenminderungspflicht, wenn sie durch Einschaltung eines Inkassounternehmens weitere Kosten verursacht. Etwas anderes gilt nur dann, wenn sie besondere Gründe darzutun vermag, die im konkreten Einzelfall das Vertrauen rechtfertigen konnten, dass der Schuldner auch ohne eine Einschaltung von Rechtsanwalt und Gericht den vollständigen geschuldeten Betrag leisten werde. Ist der Schuldner erkennbar zahlungsunwillig, bedarf es dabei der Darlegung im konkreten Einzelfall, weshalb die Einschaltung eines Inkassounternehmens eine Vergleichsaussicht bewirkt haben soll.

Was war geschehen?

Ein Leasing-Nehmer blieb die Leasing-Raten für einen Audi A 6 schuldig. Der Leasing-Finanzierer schaltete einen Inkassodienstleister ein. Auch dessen Zahlungsaufforderung beachtete der Leasing-Nehmer nicht. Daraufhin wurde er von dem Leasing-Finanzierer auf Herausgabe des Wagens und Ausgleich der offenen Leasing-Raten nebst Zinsen und zusätzlich Ausgleich der Kosten des Inkassounternehmens verklagt.

Wie entschied das LG Berlin?

Hinsichtlich dieser Kosten des Inkassounternehmens verlor der Leasing-Finanzierer den Prozess. Das LG Berlin führte aus, die schlichte Behauptung, die Klägerin sei aufgrund der Erfahrungen aus anderen Fällen von einem Erfolg der Inkassobemühungen ausgegangen, genüge nicht.

Welche Auswirkung hat das Urteil auf die Praxis?

Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) entschied mit Urteil vom 07.09.2011, Aktenzeichen 1 BvR 1012/11, dass die Kosten eines Inkassobüros als Verzugsschaden geltend gemacht, also vom unterlegenen Schuldner ersetzt verlangt werden können. Die Kosten eines Inkassobüros, so das BVerfG, könnten nach vielfacher höchst- und obergerichtlicher Rechtsprechung und herrschender Meinung in der Literatur, unbeschadet bestimmter Einschränkungen, grundsätzlich als Verzugsschaden geltend gemacht werden. Nach herrschender Meinung anerkannte Einschränkungen seien etwa, dass die Höhe der geltend gemachten Kosten die alternativ bei Beauftragung eines Rechtsanwalts entstehenden Kosten nicht übersteigen dürften und dass der Schuldner zum Zeitpunkt der Beauftragung nicht bereits von vornherein erkennbar zahlungsunwillig gewesen sei.

Nichts anderes führt das LG Berlin wohl entgegen einem →hier vertretenen Standpunkt aus. Lediglich verschärft das LG Berlin noch einmal die Beweislast des klagenden Auftraggebers des Inkassodienstleisters, in dem es ausführt, bei einem erkennbar zahlungsunwillig Schuldner dürfe es der Darlegung im Einzelfall, warum die vorgerichtliche Einschaltung eines Inkassobüros erfolgversprechend gewesen sei, warum die vorgerichtliche Einschaltung eines Inkassobüros also habe erwarten lassen, dass hierdurch ein Prozess vermieden werden könnte.

Fazit

Beide Gerichtsentscheidungen zeigen, dass die routinemäßige Einschaltung eines Inkassounternehmens, gleichsam als „Durchlauferhitzer“ bei der Beitreibung, das Risiko mit sich bringt, dass der Auftraggeber am Ende auf den Kosten sitzen bleibt. Dieses Risiko besteht schon einmal dann, wenn der säumige Schuldner erkennbar zahlungsunwillig ist. Im Sinne der beiden Urteile dürfte dies zum Beispiel dann der Fall sein, wenn der Schuldner – mehr oder weniger ausführlich begründet – vorträgt, dass es nach seiner Rechtsauffassung an einem wirksamen Vertragsschluss zwischen den Parteien fehlt und dem Gläubiger daher überhaupt keine Forderung zusteht. Dieses Risiko, auf den Kosten sitzen zu bleiben, besteht insoweit jedoch auch in den übrigen Fällen, da einzelne Inkassounternehmen verschiedentlich höhere Gebühren berechnen, als dies im gleichen Fall ein mit dem Forderungseinzug beauftragter Rechtsanwalt tun dürfte. In den Zahlungsaufforderungen solcher Inkassounternehmen fallen nicht nur intransparente Gebührenberechnungen auf. Mehr noch stechen hier und da geradezu esoterisch anmutende Zusatzforderungen wie etwa „Kontoführungsgebühren“ oder „Überwachungsgebühren“ ins Auge.

So gilt für Gläubiger, die Beauftragung eines Inkassounternehmens sorgfältig abzuwägen. Für Schuldner gilt, die Kostenberechnung eines Inkassounternehmens sorgfältig zu prüfen.