Irrtum über Dauer des Mietvertrages und Anfechtung – das Landgericht Ansbach entscheid mit Urteil vom 06.07.2015, Az. 1 S 852/14: Ein Irrtum über die Dauer eines Mietvertrages kann zu einer Anfechtung berechtigen, wenn im Vertrag die Laufzeit nur als Wort angegeben wird, andere Daten jedoch in Zahlen angegeben werden, und die Laufzeitangabe deshalb übersehen werden kann.
Was war geschehen?
Der Kläger betreibt einen Kiosk, der nur im Sommerhalbjahr geöffnet ist. Im März 2013 schloss er bei einem Vertreterbesuch mit einem hierauf spezialisierten Unternehmen einen Vertrag über die Anmietung einer Kaffeemaschine. Im Rahmen der Verhandlungen mit dem Unternehmensvertreter wies er darauf hin, dass er den Kiosk zunächst nur für 1 Jahr gepachtet habe und dass im Winter saisonbedingt geschlossen sei. Daher könne er den Mietvertrag nur für 1 Jahr abschließen. Der Vertreter erklärt hierauf, dass dies kein Problem sei.
Nach Abschluss des Vertrags stellte der Kioskbetreiber fest, dass der schriftliche Vertrag eine Laufzeit von 66 Monaten enthielt. Diese Laufzeitangabe war im Vertrag lediglich als Wort („sechsundsechzig“), nicht aber beziffert („66“) enthalten. Andere Angaben, allen voran die Miete, waren im Vertrag mit Ziffern angegeben. Der Kioskbetreiber focht den Mietvertrag über die Kaffeemaschine an und forderte die bereits geleistete Mietzahlungen in Höhe von 2.482,88 € zurück.
Über die Klage des Kioskbetreibers hatte schließlich die Berufungskammer des LG Ansbach zu entscheiden.
Wie entschied das LG Ansbach?
Das LG Ansbach gab dem Kioskbetreiber recht. Er habe den Mietvertrag wegen Irrtums über die Vertragslaufzeit nach § 119 BGB wirksam anfechten dürfen. In der Folge sei der Mietvertrag von Anfang an nichtig gewesen. Der Kioskbetreiber habe deswegen die bislang bezahlte Miete zurückverlangen können. Der Kioskbetreiber habe die nur als Wort, nicht aber als Zahl im Vertrag aufgeführte Laufzeit von 66 Monaten offensichtlich übersehen, da andere Daten wie die Mindestabnahmemenge Kaffee und die nach Einzeltassen errechnete Miete in Zahlen ausgeführt gewesen seien.
Welche Auswirkung hat das Urteil des LG Ansbach auf die Praxis?
Das Urteil ist praxisgerecht. Aus der Sicht derjenigen Vertragspartei, die aus einem Vertrag eine Geldforderung herleiten möchte, bedeutet das Urteil: Ein „ästhetischer“ Vertrag mit klarer Gliederung und klarer Sprache mindert das Risiko, dass wesentliche Bestandteile übersehen werden oder unklar bleiben und deshalb Auseinandersetzungen nach sich ziehen. Sorgfalt bei der sprachlichen Gestaltung ist also kein Selbstzweck und erst recht keine überflüssige Pedanterie.