Branchenverzeichnis-Falle: Zur Anfechtung des Vertrags über ein Internet-Branchenverzeichnis

Branchenverzeichnis-Falle – zur Anfechtung eines Vertrags über ein Internet-Branchenverzeichnis entschied das Landgericht (LG) Saarbrücken mit Urteil vom 26.10.2012, Az. 13 S 143/12: Der ungewöhnliche äußere Zuschnitt einer Vertragsklausel, wonach der Eintrag in einem Internet-Branchenverzeichnis kostenpflichtig sein soll, und die Platzierung dieser Klausel an unerwarteter Stelle haben zur Folge, dass der Unternehmer den Eintrag nicht bezahlen muss.

Was war geschehen?

Die Klägerin übersandte dem Beklagten unaufgefordert ein Formular, das mit „Brancheneintragungsantrag Ort …“ überschrieben war. Die Preisangabe für den Interneteintrag („Preis in Euro: 910 p.a.“) befand sich in der rechten oberen Ecke des Formulars zwischen dem Datum, dem Aktenzeichen der Klägerin und deren Adressdaten und war drucktechnisch völlig unauffällig gestaltet. Eine Mitarbeiterin des Beklagten füllte das Formular aus und sandte es an die Klägerin zurück. Die Klägerin trug den Beklagten in das Verzeichnis ein und stellte ihm dafür 1.082,90 € inkl. MwSt. in Rechnung. Der Beklagte erklärte darauf hin die Anfechtung.

Wie entschied das LG Saarbrücken?

Das LG Saarbrücken wies in seinem Urteil die Klage der Branchenverzeichnis-Anbieterin ab.

Es sei gerichtsbekannt, dass Eintragungen in Branchenverzeichnisse im Internet in einer Vielzahl von Fällen unentgeltlich angeboten würden. Werde eine Leistung in einer Vielzahl von Fällen unentgeltlich angeboten, so werde eine Entgeltklausel, die nach der drucktechnischen Gestaltung des Antragsformulars so unauffällig in das Gesamtbild eingefügt sei, dass sie von dem Vertragspartner des Klauselverwenders dort nicht vermutet werde, nicht Vertragsbestandteil.

Welche Auswirkung hat das Urteil auf die Praxis

Für Unternehmer, die versehentlich in die Branchenbuch-Falle getappt sind, kann das Urteil geradezu als Checkliste für die eigenen Rechtsverteidigung dienen. Das Urteil listet viele einzelne Details auf, die zur Folge haben, dass der Vertrag über den Branchenverzeichnis-Eintrag wirksam angefochten werden kann, ja sogar ein kostenpflichtiger VErtrag von Anfang an nicht zustande gekommen ist:

  • Die Preisangabe für den Interneteintrag („Preis in Euro: 910 p.a.“) ist in der rechten oberen Ecke des Formulars zwischen dem Datum, dem Aktenzeichen des Branchenverzeichnis-Anbieters und dessen Adressdaten, mithin an einem völlig ungewöhnlichen Ort versteckt.
  • Die Preisangabe ist drucktechnisch völlig unauffällig.
  • Der Hinweis auf die Vergütungspflicht im fettgedruckten und umrandeten mittigen Textfeld geht im ihn umgebenden Fließtext unter.
  • Der Branchenbuch-Anbieter erschwert die Wahrnehmung der Preisangabe noch dadurch, dass er für die Bezeichnung der Währung das Wort „Euro“ und nicht das wegen seiner Blickfangwirkung auffälligere Währungssymbol „EUR“ verwendet und die Währungsangabe vor die Zahl setzt („Euro 910“).
  • Der unterhalb des umrandeten Textfeldes eingefügte Hinweis „In den jährlichen Eintragungskosten ist die Überprüfung der Daten bereits enthalten“ enthält lediglich eine indirekte, dabei noch verklausulierte Information des Kunden, dass der Eintrag im Branchenverzeichnis kostenpflichtig ist.
  • Durch die übrige Gestaltung des Formulars wird die Aufmerksamkeit des Adressaten in erster Linie auf das Überprüfen und Ausfüllen des bereits vorformulierten Eintragungstextes gelenkt.
  • Das Formular erweckt so den falschen Eindruck, als solle der Adressat lediglich die Richtigkeit der angegebenen Daten bestätigen und diese vervollständigen. Dass statt dessen ein Vertrag mit einer Mindestlaufzeit von 2 Jahren für eine kostenpflichtige Eintragung in ein Internet-Branchenverzeichnis abgeschlossen werden soll, kann der Adressat erst durch eine äußerst sorgfältige Lektüre des nachfolgenden Textfeldes erkennen.

 

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