Unterlassungserklärung: Schuldeingeständnis? Schuldanerkenntnis?

Zentraler Inhalt jeder Abmahnung im Urheberrecht oder Wettbewerbsrecht ist die Aufforderung, eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben. Ein Entwurf einer derartigen Unterlassungserklärung liegt der Abmahnung in vielen Fällen bereits bei. Mit einer strafbewehrten Unterlassungserklärung verpflichtet sich der Schuldner gegenüber dem abmahnenden Gläubiger, zukünftig ein bestimmtes Verhalten zu unterlassen. Weiter verpflichtet sich der Schuldner, dem Gläubiger eine sogenannte „Vertragsstrafe“ zu zahlen, sollte er gegen sein Unterlassungsversprechen verstoßen. Häufige Frage in der Beratungspraxis, besonders bei Filesharing-Abmahnungen: Wird nicht durch die Unterlassungserklärung die Tat eingestanden und die Schuld anerkannt? Die Antwort: Es kommt darauf an, was man unter dem Begriff „Schuldanerkenntnis“ versteht.

Unterlassungserklärung: Kein Anerkenntnis der mit der Abmahnung geltend gemachten Ansprüche

Der Bundesgerichtshof (BGH) entschied mit Urteil „Medizinische Fußpflege“ vom 24.09.2013, Az. I ZR 219/12: Sofern der Abgemahnte den Anspruch auf Zahlung der Abmahnkosten nicht förmlich anerkennt oder sonst ausdrücklich zu erkennen gibt, dass der Vorwurf des Abmahnenden zu Recht erfolgt ist, sondern lediglich eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgibt, liegt darin nicht das Anerkenntnis des zugrundeliegenden gesetzlichen Unterlassungsanspruchs und der Pflicht zur Übernahme der Abmahnkosten. Dies gilt auch dann, wenn der Abgemahnte die Unterlassungserklärung abgibt, ohne zu erklären, dass dies ohne Anerkennung einer Rechtspflicht geschieht.

Mit anderen Worten: Wer eine Unterlassungserklärung abgibt, gibt dadurch nicht zu, die vorgeworfene Tat begangen zu haben. Ebenso wenig verpflichtet er sich, die Abmahnkosten zu ersetzen oder Schadensersatz zu zahlen. Etwas anderes gilt erst, wenn zusätzlich und ausdrücklich ein Geständnis erfolgt oder die Zahlungspflicht anerkannt wird.

Unterlassungserklärung: Abstraktes Schuldanerkenntnis

Der BGH stellte mit Urteil „Testfundstelle“ vom 17.09.2009, Az. I ZR 217/07, allerdings auch fest: Eine schriftlich abgegebene, strafbewehrte Unterlassungserklärung beinhaltet allerdings ein sogenanntes „abstraktes Schuldanerkenntnis“ nach §§ 780, 781 BGB.

„Abstrakt“ bedeutet hier: Mit der Unterlassungserklärung geht der Schuldner eine neue, selbständige Verbindlichkeit ein. Bei einem Verstoß gegen das Unterlassungsversprechen kann der Gläubiger von dem Schuldner verlangen, die Vertragsstrafe zu zahlen, und zwar weitestgehend davon, ob ihm materiell-rechtlich tatsächlich ein Unterlassungsanspruch oder Schadensersatzanspruch gegen den Schuldner zusteht.

Konsequenz: Gibt der Empfänger einer Abmahnung eine Unterlassungserklärung ab, weil er nicht das Risiko eingehen will, einen teuren Prozess zu verlieren, obwohl die Rechtslage unsicher ist, muss er sich auch dann am Unterlassungsvertrag festhalten lassen, wenn materiell-rechtlich gar keine Unterlassungspflicht bestand – so z.B. das Oberlandesgericht Brandenburg mit Urteil vom 29.04.2014, Az. 6 U 10/13:

„Da sich die Beklagte vertraglich durch die Abgabe der Unterlassungserklärung vom 11.06.2010 dazu verpflichtet hat, in Zukunft diese Klauseln nicht mehr zu verwenden, kann sie dem vertraglichen Unterlassungsbegehren des Klägers nicht mit Erfolg entgegenhalten, die Verwendung dieser Klauseln sei nicht wettbewerbswidrig. Dieser Einwand ist durch den Unterwerfungsvertrag ausgeschlossen…“

Form der Unterlassungserklärung

Der Gläubiger darf auf eine Zusendung des Originals der Unterlassungserklärung bestehen, eine Zusendung ausschließlich per Fax reicht nicht aus (Landgericht Düsseldorf, Beschluss vom 27.06.2013, Az. 14c O 99/13, und Besprechung im LHR-Blog). Um die knapp bemessenen Fristen für Unterlassungserklärungen einhalten zu können, ist es auch in diesem Fall zulässig, die unterschriebene Unterlassungserklärung vorab per Telefax zu übersenden. Die Frist wird dann eingehalten, indem das Telefax vor Fristablauf beim Empfänger – im Regelfall bei der abmahnenden Kanzlei – eingeht. Endgültig erfüllt ist der Unterlassungsanspruch dann, wenn anschließend die Unterlassungserklärung im Original per Briefpost beim Empfänger eintrifft.

Ergebnis: Die Befürchtung, mit einer Unterlassungserklärung könnte ein Geständnis, vielleicht sogar in einem strafrechtlichen Sinne, verbunden sein, ist unbegründet. Um aber vollständig auf der sicheren Seite zu stehen, sollten Form und Inhalt der Unterlassungserklärung gut durchdacht werden.