Keine wirksame Anfechtung bei unklarer Wortwahl

Das Landgericht Berlin entschied mit Urteil vom 21.05.2012, Az. 52 S 140/11: Eine Anfechtungserklärung muss so konkret sein, dass sie unzweideutig erkennen lässt, dass das Rechtsgeschäft wegen eines Fehlers beseitigt werden soll.

Was war geschehen?

Der Beklagte hatte über eBay mehrere Telefone über die Sofort-Kaufen-Option angeboten. Hierbei hatte der Beklagte wohl aufgrund eines Eingabefehlers bei der Gestaltung seines Angebotes einen bestechend niedrigen Kaufpreis ausgewiesen. Der Kläger hatte diese Offerte über die Sofort-Kaufen-Option angenommen. Hierauf hatte der Beklagte dem Kläger eine Mail gesandt und hierin wörtlich geschrieben:

„Hallo … sehe gerade das bei der Einstellung der Auktion etwas schief gegangen ist. Pro Telefon war 99€ für Sofortkaufen vorgesehen. Wie wollen wir jetzt verfahren – hast Du trotzdem Interesse an den Telefonen? (…)“.

Der Beklagte vertrat nun die Auffassung, den Kaufvertrag mit dem Kläger wirksam angefochten zu haben und deshalb nicht mehr zur Lieferung der Telefone zum ursprünglich angegebene Kaufpreis verpflichtet gewesen zu sein.

Wie entschied das Gericht?

Das LG Berlin entschied wie erstinstanzlich bereits das AG Berlin-Mitte, dass der Kaufvertrag nicht durch Anfechtung erloschen ist. Die Anfechtungserklärung müsse auf Grund ihres objektiven Erklärungswerts erkennen lassen, dass der Anfechtungsberechtigte das Geschäft wegen eines Willensmangels nicht gelten lassen wolle. Zwar könne die Äußerung ausreichend sein, man wolle an der vorangehenden Erklärung wegen eines Übertragungsfehlers nicht festhalten. Diese Äußerung müsse aber so konkret sein, dass die Willensäußerung unzweideutig erkennen lasse, dass das Rechtsgeschäft wegen dieses Fehlers beseitigt werden solle. Dies sei bei der E-Mail des Beklagten nicht der Fall. Sein Hinweis, die Telefone „trotzdem“ verkaufen zu wollen („… – hast Du trotzdem Interesse an den Telefonen?“) und die Anfrage, „wie wollen wir jetzt verfahren?“ zeige aus Sicht des Erklärungsempfängers vor allem die Bereitschaft, an dem Verkauf der Telefone festzuhalten, wenn der Kläger auch Interesse habe, und dabei den Preisfehler zu korrigieren.

Welche Auswirkung hat die Entscheidung auf die Praxis?

Die Entscheidung des Gerichts lässt erkennen, dass eine Anfechtung wegen eines fehlerhaft eingegebene Preises grundsätzlich möglich ist. Die Entscheidung macht aber vor allem deutlich, dass bei der Abfassung jeder Erklärung, die rechtliche Wirkungen nach sich ziehen soll, Klartext gefragt ist. Vertragsverhandlungen sind keine juristische Wellness-Veranstaltung. Vordergründig die Stimmung hebendes unklares Geplaudere Zögerlichkeiten in der Formulierung gehen im Zweifel zu Lasten desjenigen, der auf diesem Wege seine Position zu festigen versucht. Statt dessen gilt es, eindeutige Worte zu finden: Wer will was von wem und für wieviel?