LG Wiesbaden: Mitbewerber kann Verstoß gegen DSGVO nicht abmahnen

Neue Entscheidung zum Verhältnis von Wettbewerbsrecht und Datenschutzrecht nach Inkrafttreten der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) – das Landgericht Wiesbaden entschied mit Urteil vom 05.11.2018, Az. 5 O 214/18: Die Regelungen der DSGVO zur Durchsetzung von Ansprüchen im Falle eines Verstoßes sind abschließend. Für eine Anwendbarkeit des UWG neben der DSGVO ist kein Raum. Mitbewerber können eine Verletzung von Regelungen der DSGVO nicht nach Wettbewerbsrecht gemäß §§ 3 Abs. 1, 3a i.V.m. § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG abmahnen.

Was war geschehen?

Die Verfügungsklägerin steht mit einer Auskunftei in einem Wettbewerbsverhältnis. Sie wollte diese Auskunftei gerichtlich verpflichten lassen, die Erteilung von unzureichenden datenschutzrechtlichen Auskünften nach Art. 15 DSGVO zu unterlassen.

Wie entschied das Landgericht Wiesbaden?

Die Verfügungsklägerin blieb vor dem Landgericht Wiesbaden erfolglos. Ein Verstoß gegen die DSGVO könne nicht als Verstoß gegen eine Marktverhaltensregelung mit Hilfe des Wettbewerbsrechts verfolgt werden. Die Verfügungsklägerin sei als Mitbewerberin nach den §§ 3 Abs. 1, 3a i.V.m. § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG weder anspruchsberechtigt noch klagebefugt.

Art. 80 Abs. 2 DSGVO enthalte eine Öffnungsklausel zu Gunsten der Mitgliedstaaten. Die Mitgliedstaaten könnten vorsehen, dass jede der in Art. 80 Abs. 1 DSGVO genannten „Organisationen“ unabhängig von einem Auftrag der betroffenen Person das Recht habe, deren Rechte aus Art. 77-79 DSGVO in Anspruch zu nehmen, wenn nach ihrer Ansicht deren Rechte verletzt worden seien. Von einer entsprechenden Befugnis der Mitbewerbers des Verletzers, die Rechte der betroffenen Person ohne deren Zustimmung wahrzunehmen, sei in Art. 80 Abs. 2 DSGVO nicht die Rede.

§ 3a UWG sei dann nicht anwendbar, wenn die betreffende Regelung in der Datenschutzgrundverordnung die Rechtsfolgen eines Verstoßes abschließend regle. Dies sei durch Auslegung festzustellen.

Ausnahmeregelungen wie hier Art. 80 Abs. 2 DSGVO seien eng auszulegen. Sie dürften dementsprechend nicht über den Wortlaut hinaus erweitert werden.

Die gesetzliche Konzeption der Datenschutzgrundverordnung habe mit der Regelung in Kapitel VIII, also in den Art. 77 bis 84 DSGVO, primär die Rechtsdurchsetzung bei den Aufsichtsbehörden angesiedelt. Dagegen überließen die §§ 8 bis 10 UWG die Durchsetzung des Lauterkeitsrechts vollständig der privaten Initiative. Daraus folge, dass einem Mitbewerber nach den §§ 3 Abs. 1, 3a UWG in Verbindung mit § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG die Klagebefugnis fehle.

Welche Auswirkung hat das Urteil auf die Praxis?

2:2 und damit vorläufig Gleichstand zwischen den Gerichten bei dem Streit, ob das Datenschutzrecht auch Marktverhaltensregelung im Sinne des Wettbewerbsrechts ist oder nicht: Während das Landgericht Würzburg mit Beschluss vom 13.09.2018, Az. 11 O 1741/18 UWG, und das Oberlandesgericht Hamburg mit Urteil vom 25.10.2018, Az. 3 U 66/17, für die Anwendbarkeit des Wettbewerbsrechts neben der DSGVO und für den Unterlassungsanspruch eines Mitbewerbers nach einem Verstoß gegen Datenschutzrecht optierten, entschied das Landgericht Bochum bereits mit Urteil vom 07.08.2018, Az. I-12 O 85/18, in der entgegengesetzten Weise – wie es nun auch das Landgericht Wiesbaden tat.

Es bleibt nun zunächst abzuwarten, ob die unterlegene Verfügungsklägerin gegen das Urteil des Landgerichts Wiesbaden Rechtsmittel einlegt. Am Ende wird sich der EuGH mit der Frage beschäftigen müssen, ob bei Verstößen gegen das Datenschutzrecht neben der DSGVO als Teil des Europarechts auch das UWG als Teil des nationalen Wettbewerbsrechts anwendbar ist, oder ob Kapitel VIII der DSGVO tatsächlich Ausschließlichkeitsregeln enthält.

 

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