Abmahnung wegen Google-Fonts in Website

Verstoß gegen Datenschutzrecht und Schmerzensgeldanspruch wegen der Einbindung von Google-Fonts in die Website – Abmahnungen mit „großzügigen“ Angeboten, die Sache gegen Geldzahlung auf sich beruhen zu lassen, sind derzeit eine Landplage. Gute Nerven und nüchterne Prüfung helfen auch hier.

Sachverhalt: Worum geht es?

Viele Website-Betreiber erhielten in der jüngsten Vergangenheit Abmahnschreiben, in denen ihnen vorgeworfen wurde, Google-Fonts, also Schriftarten aus dem Angebot von Google, eingebunden und hierdurch gegen das Datenschutzrecht verstoßen zu haben. Eine Überprüfung der Website habe ergeben, dass die Homepage eine Schriftart von Google Fonts ohne die erforderliche Einwilligung des Seitenbesuchers vom Google-Server abrufe. Dadurch werde bereits beim Laden der Website die IP-Adresse des Besuchers an Google übermittelt.

Aus einem der Abmahnschreiben:

„Google Fonts ist auf Ihrer Webseite derart installiert, dass u.a. die IP-Adresse des Besuchers Ihrer Webseite an Google in den USA weitergeleitet wird.“

In einem anderen Abmahnschreiben heißt es:

„In technischer Hinsicht wird diese Schrift bereits bei Google abgerufen, wenn sich Ihre Internetseite aufbaut und bevor mir überhaupt die Möglichkeit gegeben ist, in eine entsprechende Datennutzung einzuwilligen. Dabei wird auch meine IP-Adresse automatisch bereits beim Laden der Webseite an Google und deren Server übermittelt und Google ist in der Lage, mich zumindest teilweise zu identifizieren und auch meinen Verlauf nachzuvollziehen.“

Die Weitergabe der IP-Adresse an Google ohne die erforderliche Einwilligung verletze das Persönlichkeitsrecht des Seitenbesuchers. Dazu in einer anwaltlichen Abmahnung:

„Die unerlaubte Weitergabe der IP-Adresse durch Sie an Google stellt eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts unserer Mandantschaft in Form des informationellen Selbstbestimmungsrechts nach § 823 Absatz 1 BGB dar.“

Dem Seitenbesucher stehe deshalb gegen den abgemahnten Websitebetreiber ein Anspruch auf Unterlassung und auf Schmerzensgeld zu. Gegen eine Geldzahlung sei man allerdings bereit, die Sache auf sich beruhen zu lassen. Gefordert wird meist ein Betrag im Bereich zwischen 100 € und maximal 250 €:

„Daneben bitte ich Sie zum Ausgleich meines immateriellen Schadens bis spätestens [Datum] 100 € an mich zu überweisen: [Kontoverbindung]“

Oder in einer anderen Abmahnung:

„Unsere Mandantschaft ist im Falle der unverzüglichen Beendigung des Verstoßes und Zahlung eines Betrags in Höhe von 170,00 € auf unser Treuhand-Mandanten-Konto bei der [Kontoverbindung] bis zum [Datum] bereit, die Sache auf sich beruhen zu lassen. Ordnungsgemäße Geldempfangsvollmacht wird anwaltlich versichert.“

Urteil des Landgerichts München I

Gerne wird in diesen Abmahnungen das Endurteil des Landgerichts München I vom 20.01.2022, Az. 3 O 17493/20, zitiert: Dort wurde der Betreiber einer Website, der Google-Fonts eingebunden hatte, nicht nur zur Unterlassung und zur Erteilung der datenschutzrechtlichen Auskunft verurteilt, sondern überdies, an den klagenden Seitenbesucher ein Schmerzensgeld in Höhe von 100,00 € nach Art. 82 DSGVO zu zahlen.

Auswirkung auf die Praxis: Was tun?

Man muss hier zwei Dinge klar voneinander trennen: Auf der einen Seite steht die datenschutzrechtliche Verpflichtung jedes Webseitenbetreibers, seine Online-Präsenz datenschutzkonform zu gestalten. Diese Pflicht betrifft nicht zuletzt die Einbindung solcher Services und Tools wie beispielsweise Google Fonts, die von Drittanbietern zur Verfügung gestellt werden und die zur Folge haben, dass die IP-Adresse des Seitenbesuchers für Analyse- oder andere Zwecke auf den Server des Anbieters übertragen wird. Auf der anderen Seite steht die Abmahnung und stehen die mit der Abmahnung geltend gemachten Ansprüche.

Die aktuellen Google-Fonts-Abmahnungen haben mehr als nur einen schalen Beigeschmack: Ganz offensichtlich geht es nur vordergründig um Datenschutzrecht. Tatsächlich geht es darum, den Seitenbetreibern Geld aus der Tasche zu ziehen. Dass die abmahnenden und angeblich in ihren Rechten verletzten Anspruchsteller nur zufällig über die jeweilige Website gestolpert sind, erscheint eher unwahrscheinlich. Eher erwecken die Abmahnungen den Eindruck, als sei gezielt, womöglich mittels Crawler-Technik, nach Seiten gesucht worden, in denen Google-Fonts eingebunden sind.

Dann aber handelt es sich am Ende um Abmahnungen im rein finanziellen Interesse, mithin um Abmahnungsmissbrauch. Wenn überdies ganz gezielt nach Webseiten gesucht wird, die möglicherweise – zum Beispiel durch die Einbindung von Google-Fonds – gegen das Datenschutzrecht verstoßen, stellt sich die Frage, ob überhaupt eine Rechtsverletzung vorliegt, die nach Art. 82 DSGVO ein Schmerzensgeld nach sich ziehen kann: Wer als Passant auf der Straße vorsätzlich vor ein Auto springt, um sich überfahren zu lassen, wird später auch Schwierigkeiten damit haben, einen Schmerzensgeldanspruch gegen den Fahrer des Wagens durchzusetzen. Nicht viel anders sieht es hier aus.

Auch bei denen Google-Fonts-Abmahnungen gilt, was bei jeder anderen Abmahnung gilt: Wem ein Abmahnschreiben zugeht, sollte kühles Blut bewahren und nicht in Panik verfallen. Wie jede andere Abmahnung auch muss ein datenschutzrechtliches Abmahnschreiben wegen der Verwendung von Google Fonts zunächst genau geprüft werden: Ist der Anspruchsteller überhaupt abmahnberechtigt? Sind die erforderlichen Formalien eingehalten? Gibt es Hinweise auf Rechtsmissbrauch? Was kann der Abmahnung sonst entgegengehalten werden?

Reine  Nervensache also.

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