Wenn Debcon dreimal klingelt – Verjährung bei Filesharing

Der Arbeitstag neigt sich seinem Ende entgegen, die Tagespost ist durchgesehen – da taucht plötzlich die Meldung auf dem Bildschirm auf, dass auf einen Schlag mehrere Faxe eingegangen sind. Absendernummer jeweils unbekannt. Das kann um diese Uhrzeit nur Debcon sein – und in der Tat: das rührige Inkassounternehmen aus Bottrop hat ein neues Serienschreiben zum Thema „10-jährige Verjährungsfrist bei Filesharing“ erstellt.

Worum geht es?

Debcon macht als Inkassounternehmen für mehrere Auftraggeber den Lizenz-Schadensersatzanspruch aus angeblichen Filesharing-Rechtsverletzungen geltend. Viele dieser Rechtsverletzungen liegen so weit zurück, dass die regelmäßige, 3-jährige, Verjährungsfrist bereits abgelaufen ist. Debcon indes teilt mit:

„Sehr geehrte Damen und Herren,
im Rahmen unseres letzten Schriftsatzes haben wir Sie darüber informiert, dass für den durch uns geltend gemachten Anspruch auf Ersatz des sog. Lizenzschadens nach Ansicht der Rechtsprechung eine
10 jährige Verjährungsfrist
gilt.“

Und später im Schreiben:

„Diese hohen Schäden für die deutsche Wirtschaft haben auch die Gerichtsbarkeit dazu bewogen, die Musik- und Filmindustrie zu schützen; positive Urteile für die Rechteinhaber (zuletzt vor dem Bundesgerichtshof und jüngstes vor dem AG Düsseldorf vom 29.07.2015, Az. 10 C 20/15) waren die logische Folge.“

Was ist von dem neuen Schreiben von Debcon zu halten?

Diese neueste Mitteilung von Debcon zur Verjährung des Lizenz-Schadensersatzanspruches bei Filesharing hinterlässt – wie so manches andere Schreiben dieses Inkassounternehmens zu diesem Thema – einen schalen Nachgeschmack. Die Darstellung der Rechtslage, was die Verjährung bei Filesharing und die dazu ergangene Rechtsprechung angeht, ist verkürzt, verzerrt, und im Ergebnis einfach falsch.

Keinesfalls gilt „nach Ansicht der Rechtsprechung“, dass der Lizenz-Schadensersatzanspruch erst nach 10 Jahren und nicht bereits nach 3 Jahren verjährt. Die Formulierung erweckt den Eindruck, die Rechtsprechung sei einheitlich oder es existiere zumindest eine ganz herrschende Rechtsprechung zugunsten der 10-jährigen Verjährung. Richtig ist vielmehr, dass die Rechtsprechung zu dieser Frage gegenwärtig völlig uneinheitlich ist – eine ganze Reihe vor allem von Amtsgerichten, aber auch das Landgericht Bielefeld und das Landgericht Frankenthal, entschieden bereits zugunsten der regulären, 3-jährigen, Verjährungsfrist; eine weit geringere Zahl von Gerichten, hierunter freilich auch die Landgerichte Berlin, Bochum und Frankfurt am Main, entschieden zugunsten der 10-jährigen Verjährung. Eine eindeutige, der juristischen Bewertung zugängliche, Positionierung des BGH zur Verjährung bei Filesharing steht noch aus.

Soweit Debcon in seinem aktuellen Schreiben dann auf das Urteil des AG Düsseldorf vom 29.07.2015, Az. 10 C 20/15, Bezug nimmt, scheint wurde dort das Thema „Verjährung bei Filesharing“ überhaupt nicht thematisiert worden zu sein. Zu dem Urteil existiert – Stand 13.08.2015 – bislang lediglich eine Kurzmitteilung der Kanzlei Waldorf Frommer aus München, die in diesem Verfahren offenbar die Klägerin vertreten hatte. Der Volltext des Urteils mit der schriftlichen Urteilsbegründung ist noch nicht veröffentlicht.

Eine gewisse einseitige, tendenziöse, Betrachtung der Rechtslage zugunsten der eigenen Partei gehört zum Geschäft dazu. Eine vorgeblich der Information der als unwissend behandelten Gegenseite dienende Darstellung, in der ganz gezielt wesentliche Tatsachen außen vor bleiben, hat damit jedoch nichts mehr zu tun.

 

Ein Gedanke zu „Wenn Debcon dreimal klingelt – Verjährung bei Filesharing

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