BGH: Wer ist Veranstalter und muss GEMA-Gebühren zahlen?

Veranstaltereigenschaft im Show-Business und GEMA-Gebühren – der Bundesgerichtshof (BGH) entschied mit Urteil „Trassenfieber“ vom 12.02.2015, Az. I ZR 204/13: Stellt ein Theaterbetreiber den Saal für die Aufführung zur Verfügung, bewirtet die Veranstaltungsbesucher, vereinnahmt die Bewirtungserlöse und wirbt für die Aufführung in seinem Veranstaltungskalender, so wirkt er als Veranstalter an der Aufführung mit. Kein Veranstalter ist dagegen, wer lediglich die für die Veranstaltung erforderlichen äußeren Vorkehrungen trifft, indem er etwa nur den Saal zur Verfügung stellt.

Was war geschehen?

Klägerin ist die GEMA. Die Beklagte betreibt das Theater „Forum Maximum im Rex“ in Wuppertal. Dort fand im November 2009 die Veranstaltung „Trassenfieber: Die Nordbahnrevue“ statt. Die Beklagte wies in ihrem Veranstaltungskalender auf diese Veranstaltung hin, stellte den Saal zur Verfügung und übernahm die Bewirtung der Gäste. Die Einnahmen aus der Bewirtung flossen ebenfalls der Beklagten zu. Die Erlöse aus dem Kartenverkauf flossen dagegen dem ausübenden Künstler zu. Die Veranstaltung wurde nicht bei der GEMA angemeldet.

Daraufhin nahm die GEMA die Beklagte wegen unerlaubter Wiedergabe von Musikwerken in Anspruch. Sie berechnete 302,50 € zuzüglich Kontrollkosten in gleicher Höhe in Rechnung. Hierbei berief sich die GEMA darauf, die Beklagte hafte jedenfalls als Mitveranstalterin.

Vor dem Amtsgericht Düsseldorf und dem Landgericht Düsseldorf unterlag die GEMA. Sie legte darauf hin Revision zum BGH ein.

Wie entschied der BGH über die Einordnung eines Theaterbetreibers als Mitveranstalter?

Die Revision der GEMA war erfolgreich.

Die Beklagte habe die urheberrechtlich geschützten Musikwerke zwar nicht im Sinne von § 19 Abs. 2 UrhG selbst aufgeführt. Dies stehe ihrer Haftung für die unmittelbar durch den ausübenden Künstler begangenen Eingriffe in fremde Urheberrechte aber nicht entgegen. Die Beklagte hafte als Veranstalterin für die Mitwirkung an der urheberrechtswidrigen Aufführung.

Die Frage, ob sich jemand als Täter oder Teilnehmer in einer die zivilrechtliche Haftung begründenden Weise an der deliktischen Handlung eines Dritten – hier der Aufführung durch den ausübenden Künstler – beteiligt habe, beurteile sich nach den im Strafrecht entwickelten Rechtsgrundsätzen:

„Mittäterschaft ist gegeben, wenn mehrere Personen bei der Herbeiführung eines Erfolgs bewusst und gewollt zusammenwirken (§ 830 Abs. 1 Satz 1 BGB).

Als Mittäter einer urheberrechtsverletzenden Aufführung wird – neben dem aufführenden Künstler, der den Verletzungserfolg durch die Aufführung im Sinne des § 19 Abs. 2 UrhG unmittelbar herbeiführt – auch der Veranstalter angesehen, der nach § 13b Abs. 1 UrhWG verpflichtet ist, vor der Veranstaltung die Einwilligung der Verwertungsgesellschaft einzuholen. Veranstalter ist derjenige, der die Aufführung angeordnet und sie durch seine Tätigkeit ins Werk gesetzt hat; dies ist insbesondere derjenige, der für die Veranstaltung organisatorisch und finanziell verantwortlich ist…“

Ein Anhaltspunkt für die Stellung als Veranstalter folge aus der Möglichkeit, auf die Auswahl der aufzuführenden Stücke einzuwirken. Die Möglichkeit, auf den Inhalt des Programms einzuwirken, sei allerdings nicht notwendige Voraussetzung für die Annahme, die Beklagte sei Veranstalterin im Sinne von § 13b Abs. 1 UrhWG und habe an der Aufführung im Sinne von § 19 Abs. 2 UrhG mitgewirkt. Es sei eine Gesamtbetrachtung anzustellen.

Dagegen sei nicht als Veranstalter anzusehen, wer lediglich die für das Konzert erforderlichen äußeren Vorkehrungen trifft, indem er etwa allein den Saal – und sei es mietweise – zur Verfügung stelle.

Nach diesen Maßstäben habe die Beklagte über die bloße Bereitstellung ihres Veranstaltungssaales hinausgehende Leistungen erbracht, deren Gewicht sie bei der gebotenen Gesamtschau zur Veranstalterin mache. Die Beklagte habe als Veranstalterin der urheberrechtswidrigen Aufführung auch schuldhaft gehandelt, nämlich im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit dem aufführenden Künstler:

„Die Beklagte kannte das Programm „Trassenfieber: Die Nordbahnrevue“ und war sich mithin der Aufführung urheberrechtlich geschützter Werke bewusst. Ihr Verschulden wird nicht durch eine etwaige Zusicherung des ausübenden Künstlers, die erforderliche Einwilligung bei der Klägerin einzuholen, ausgeschlossen. Sie hatte als Veranstalterin das Vorliegen dieser Einwilligung sicherzustellen.“

Welche Auswirkung hat das BGH-Urteil „Trassenfieber“ zur Veranstaltereigenschaft auf die Praxis?

Wieder einmal zeigt sich: das Urheberrecht steckt voller versteckter Stolpersteine und erfordert ein hohes Maß an Aufmerksamkeit von allen Beteiligten. Wer sich einfach darauf verlässt, alles werde schon seine Ordnung haben, wer sich vor allem einfach darauf verlässt, ein anderer sei im Zweifel rechtlich verantwortlich, läuft Gefahr, in eine Haftungsfalle zu tappen. Erforderlich ist es stattdessen, dass alle Beteiligten die Stolpersteine bereits im Vorfeld erkennen und mögliche urheberrechtliche Probleme aktiv ausräumen. Wer lediglich im Hintergrund bleiben möchte, ohne Gefahr zu laufen, am Ende als Mitveranstalter Zahlungsaufforderungen ausgesetzt zu sein, sollte zumindest im Vertrag mit seinem Veranstaltungspartner eine eindeutige und umfassende Freistellung von allen finanziellen Forderungen vereinbaren.