Urteil: Bausparkasse darf Nachbarn nicht über Immobilien ausfragen

Datenschutzrecht und Wettbewerbsrecht in der Immobilienbranche – das Landgericht Mainz entschied mit Anerkenntnisurteil vom 05.02.2015, Az. 10 HK O 511/14: Eine Bausparkasse darf Verbraucher nicht ohne deren vorherige ausdrückliche Einwilligung anrufen, um die Daten möglicher Immobilien­Interessenten zu erfragen. Ebenso darf eine Bausparkasse keine Schreiben an Verbraucher versenden, mit denen die Adressaten aufgefordert werden, eine mit persönlichen Daten anderer Personen ausgefüllte Antwortkarte zu übersenden, solange diese Dritten hierzu nicht ihre Einwilligung erteilt haben.

Was war geschehen?

Eine Gebietsleitung der LBS Immobilien GmbH übersandte Schreiben mit folgendem Inhalt:

„Betreff: Haus für unsere Bausparfamilie
Sehr geehrte Familie (…)
ganz herzlichen Dank für das freundliche Telefonat vom heutigen Tage:
Für unsere Bausparfamilie suche ich aktiv ein Haus zum Kauf.
Auch gerne im Nachbarort, wenn Sie Kenntnis davon haben.
Wie schon am Telefon versprochen, ist uns Ihr Tipp 250,– Euro wert.
Wir freuen uns sehr auf eine Information Ihrerseits, die wir natürlich diskret behandeln und sagen DANKE.
Auch gerne beim Zustandekommen eines Vertrages
Mit 250,– Euro.
Ich wünsche Ihnen eine schöne Osterwoche
Und eine gute Zeit.
Beste Grüße“

Zunächst am Telefon und dann mit diesem Schreiben sollten die Adressaten also mitteilen, ob sie andere Personen kennen, die ihr Haus zum Verkauf anbieten.
Gegen diese Form der Datenerhebung wandte sich der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) mit seiner Klage. Die LBS Immobilien GmbH erkannte den Unterlassungsanspruch an.

Welche Auswirkung hat das Urteil auf die Praxis?

§ 4 Abs. 2 S. 1 BDSG schreibt im Datenschutzrecht die Direkterhebung vor:

„Personenbezogene Daten sind beim Betroffenen zu erheben.“

Nicht die Nachbarn dürfen also ausgefragt werden, sondern es muss grundsätzlich unmittelbar diejenige Person gefragt werden, deren Daten erhoben werden sollen.

Das Schreiben der Bausparkasse verstieß gegen dieses Gebot der Direkterhebung. Zu Recht sah der klagende Verband in diesem Vorgehen einen massiver Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung derjenigen Personen, deren Daten auf dem Umweg über deren Nachbarn, „hinten herum“, zusammengetragen werden sollten.

Das Urteil zeigt auch: Wer bei seiner Werbung gegen Datenschutzrecht verstößt, kann zugleich auch gegen Wettbewerbsrecht verstoßen – datenschutzrechtliche Normen als Marktverhaltensregelungen im Sinne von § 4 Nr. 11 UWG.

Eine Pressemitteilung des vzbv und das Urteil im Volltext sind →hier abrufbar.