Filesharing: Keine Haftung der Eltern für ihr Kind nach Belehrung

Filesharing und Haftung der Eltern für ihr Kind – der Bundesgerichtshof (BGH) entschied mit Urteil vom 15.11.2012, Az. I ZR 74/12: Eltern haften für das illegale Filesharing ihres 13-jährigen Kindes grundsätzlich nicht, wenn sie das Kind über das Verbot einer Teilnahme an Internettauschbörsen belehrten und keine Anhaltspunkte dafür hatten, dass ihr Kind diesem Verbot zuwiderhandelt. 

Was war geschehen?

Kläger im Verfahren waren mehrere Unternehmen der Musikindustrie, vertreten durch Rasch Rechtsanwälte. Diese hatten nach einem Download zunächst ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren gegen unbekannt angestrengt. Im Rahmen dieses Ermittlungsverfahrens wurde dann festgestellt, dass die IP-Adresse zum entscheidenden Zeitpunkt den späteren Beklagten, einem Ehepaar, zugewiesen war. Dessen Haus wurde durchsucht. Auf dem Computer des damals 13-jährigen Sohnes wurden die bietet die-Clients „Morpheus“ und „Bearshare“, weiter 1147 heruntergeladene Musikdateien, gefunden. Der Sohn räumte ein, die Tauschbörsenprogramme genutzt zu haben. Die Eltern hatten ihrem Sohn verboten, Filesharing zu betreiben, auf dem Rechner eine Firewall installiert und den Rechner so konfiguriert, dass weitere Programme nicht installiert werden konnten. Dennoch gelang es ihrem Sohn, diese Sicherungsmaßnahmen zu umgehen und die Filesharing-Software zu installieren.

Die späteren Klägerinnen ließen die Beklagten abmahnen. Diese gaben zwar eine Unterlassungserklärung ab, weigerten sich jedoch, den geltend gemachten Schadenersatz zu zahlen.

Wie entschied der BGH?

Der BGH entschied zu Gunsten der Eltern und wies die Klage auf Schadenersatz ab. Eltern genügten ihrer Aufsichtspflicht über ein normal entwickeltes 13-jähriges Kind, das ihre grundlegenden Gebote und Verbote befolgt, regelmäßig bereits dadurch, dass sie das Kind über das Verbot einer rechtswidrigen Teilnahme an Internettauschbörsen belehren. Eine Verpflichtung der Eltern, die Nutzung des Internet durch das Kind zu überwachen, den Computer des Kindes zu überprüfen oder dem Kind den Zugang zum Internet (teilweise) zu versperren, bestehe grundsätzlich nicht. Zu derartigen Maßnahmen seien Eltern erst verpflichtet, wenn sie konkrete Anhaltspunkte für eine rechtsverletzende Nutzung des Internetanschlusses durch das Kind hätten.

Welche Auswirkung hat das Urteil auf die Praxis?

Mit seinem Urteil vom 15.11.2012 schob der Bundesgerichtshof endlich der bisherigen Rechtsprechung vieler Instanzgerichte einen Riegel vor, die in realitätsferner Weise nicht nur technische Absicherungen des Rechners in einem Umfang der verlangten, von einem Laien regelmäßig nicht umzusetzen sind, sondern überdies vom Anschlussinhaber verlangten, seine Familienmitglieder, vor allem seine Kinder, in geradezu exzessiver Weise beim Surfen im Internet zu überwachen.

Das Urteil des BGH bedeutet kurz gefasst wohl, dass zunächst eine handelsübliche technische Absicherung des Rechners ausreicht. Anschließend genügt es, dass Eltern ihre Kinder zwar ausreichend darüber belehren, dass diese nicht an illegalen Filesharing-Tauschbörsen teilnehmen dürfen. Ohne einen konkreten Anlass, dass das Kind gegen dieses Verbot verstoßen könnte, müssen Eltern ihre Kinder dann aber nicht überwachen.

Wie geht es weiter?

Zu dem Urteil vom 15.11.2012 liegt bislang lediglich die Pressemeldung des Bundesgerichtshof vor. Die schriftliche Urteilsbegründung fehlt noch. Aus dieser schriftlichen Urteilsbegründung werden sich dann die genauen Erwägungen ergeben, die die Entscheidung des Bundesgerichtshofs tragen.

Sobald das schriftliche Urteil vorliegt, wird hierzu auch auf dieser Seite der nächste Bericht erscheinen.