Über das Filesharing-Urteil des OLG München vom 14.01.2016, Az. 29 U 2593/15 zur Haftung der als Anschlussinhaber beklagten Eltern, deren Kind über eine P2P-Tauschbörse gegen Urheberrecht verstieß, wurde bereits hier berichtet. Schlussfolgerung aus der Presseerklärung des OLG München: Der als Anschlussinhaber auf Schadensersatz in Anspruch genommene Beklagte muss sein eigenes Kind verraten, um seine sekundäre Darlegungslast im Filesharing-Prozess zu erfüllen. Ein Bericht des Bayerischen Rundfunks und eine dort wiedergegebene Einschätzung des OLG-Pressesprechers lassen nun aufhorchen.
Filesharing-Urteil aus München zur Haftung der Eltern – worum geht es?
Noch einmal: Das OLG München verurteilte ein Ehepaar als Anschlussinhaber zum Ersatz von Abmahnkosten und Schadensersatz. Eines der drei Kinder hatte den Rechtsverstoß über die P2P-Tauschbörse den Eltern gegenüber wohl eingeräumt. Die Eltern wollten im Prozess aber nicht mitteilen, welches ihrer drei Kinder dies nun war.
Das OLG München stützte sein Urteil auf eine gegen die beiden beklagten Anschlussinhaber streitende tatsächliche Vermutung der Täterschaft und befand, sie hätten ihre sekundäre Darlegungslast nicht erfüllt.
Einschätzung des OLG-Pressesprechers lässt aufhorchen
Der Bayerische Rundfunk zitiert in seinem Beitrag aus einer E-Mail des OLG-Pressesprechers. Dieser weist darauf hin, keines der drei Kinder sei im Prozess als Zeuge angehört worden. Es habe nicht überprüft werden können, ob die Behauptung der Eltern zutreffend gewesen sei, die Kinder hätten ebenfalls Zugang zum Internetanschluss gehabt.
Und weiter wird der Sprecher des OLG zitiert:
„Hätten die Kinder das glaubhaft bestätigt, ohne weitere Angaben dazu machen zu müssen, wer nun verantwortlich war, hätte nicht die Plattenfirma, sondern hätten die Eltern den Prozess gewonnen. Den Eltern wäre es in dem Fall gelungen, die tatsächliche Vermutung, dass nur sie für die Rechtsverletzung verantwortlich seien, zu erschüttern und der Plattenfirma wäre der Beweis des Gegenteils nicht gelungen. ‚Verpfeifen‘ hätte die Eltern den Missetäter dann nicht müssen“
Wäre das Verfahren also anders ausgegangen, wenn die Eltern den Namen des Kindes bekannt gegeben und das Kind als Zeugen benannt hätten, das Kind dann aber nach § 383 ZPO das Zeugnisverweigerungsrecht geltend gemacht hätte oder jedenfalls dem Gericht in der Beweisaufnahme nach § 384 Nr. 1 oder Nr. 2 ZPO die Antwort auf die Frage verweigert hätte, ob tatsächlich wie im Abmahnschreiben und in der Klage behauptet Filesharing über eine P2P-Tauschbörse betrieben wurde?
Die Antwort wird wohl frühestens die schriftliche Urteilsbegründung des OLG München geben – die Frage bleibt jedenfalls bis dorthin spannend.
Nachtrag 16.01.2015: Die für die Klägerin tätige Kanzlei Rasch Rechtsanwälte hat das Urteil mittlerweile auf ihrer Seite veröffentlicht.
© RA Stefan Loebisch | Kontakt
Pingback: Musik-Urheberrecht vor dem BGH 2017: "Loud" und "Metall auf Metall" | Kanzlei Stefan Loebisch Passau
Pingback: Filesharing: AG Mannheim rüttelt an BGH-Vermutung der Täterschaft | Kanzlei Stefan Loebisch Passau