Musik-Urheberrecht vor dem BGH 2017: „Loud“ und „Metall auf Metall“

Urheberrecht an Musik, Filesharing und Tonträger-Sampling: Der Bundesgerichtshof (BGH) wird im März 2017 über zwei weitere Revisionen verhandeln, die große praktische Relevanz haben werden. Am 16.03.2016 wird der BGH in dem Verfahren I ZR 115/16 erneut zum Tonträger-Sampling mittels einer Rhythmussequenz aus dem Titel „Metall auf Metall“ verhandeln. Am 30.03.2016 steht der Verhandlungstermin in der Filesharing-Revisionssache I ZR 19/16 „Loud“ heran. Dort geht es um die Frage, ob Anschlussinhaber den Täter konkret benennen müssen, wenn sie deren Namen kennen.

„Metall auf Metall“ – Tonträger- Sampling mittels einer Rhythmussequenz

„Metall auf Metall“ entwickelt sich zum Rechtsprechungs-Dauerläufer bis hinauf zum Bundesverfassungsgericht (BVerfG): Die Kläger sind Mitglieder der Musikgruppe „Kraftwerk“. Kraftwerk veröffentlichten im Jahr 1977 einen Tonträger, auf dem sich das Musikstück „Metall auf Metall“ befindet. Hip-Hop-Produzent Moses Pelham (Moses P.) sampelte in dem Song „Nur Mir“ von Sabrina Setlur eine ca. 2-sekündige Rhythmussequenz aus dem Kraftwerk-Song. Diese Rhythmussequenz im Hintergrund des gesamten Titels „Nur Mir“ in einem Loop.

Der bisherige Verlauf des Verfahrens ist ein Loop für sich:

  • LG Hamburg, Urteil vom 08.10.2004, Az. 308 O 90/99 zugunsten Kraftwerk;
  • OLG Hamburg, Urteil vom 07.06.2006, Az. 5 U 48/05 zugunsten Kraftwerk;
  • BGH, Urteil vom 20.11.2008, Az. I ZR 112/06 „Metall auf Metall“ zugunsten der Beklagten mit Zurückverweisung an das OLG Hamburg;
  • OLG Hamburg, Urteil vom 17.08.2011, Az. 5 U 48/05 zugunsten Kraftwerk;
  • BGH, Urteil vom 13.12.2012, Az. I ZR 182/11 „Metall auf Metall II“ zugunsten Kraftwerk;
  • BVerfG, Urteil vom 31.05.2016, Az. 1 BvR 1585/13 zugunsten der Beklagten mit Zurückverweisung an den BGH
  • BGH, Az. I ZR 115/16 (anhängig mit Verhandlungstermin 16.03.2017).

Das Bundesverfassungsgericht entschied zuletzt, der Eingriff in die Kunstfreiheit sei durch das Tonträgerrecht der Hersteller verfassungsrechtlich nicht gerechtfertigt, weil diese bei der lizenzfreien Übernahme kleinster Rhythmussequenzen keine erheblichen wirtschaftlichen Nachteile erlitten und in ihr grundrechtlich geschütztes Eigentum nur geringfügig eingegriffen werde.

„Loud“ – Sekundäre Darlegungslast im Filesharing-Prozess bei Familienanschluss

Hier handelt es sich um das Revisionsverfahren gegen das Urteil des OLG München vom 14.01.2016, Az. 29 U 2593/15.

Die Klägerin ist Tonträgerherstellerin und Inhaberin der ausschließlichen Verwertungsrechte an den Musiktiteln des Albums „Loud“ der Künstlerin Rihanna. Die Beklagten sind gemeinsam Inhaber des Telefon- und Internet-Anschlusses. Sie verteidigten sich damit, eines der drei in ihrem Haushalt lebenden und bereits volljährigen Kinder habe das Musikalbum in der Tauschbörse zum Herunterladen angeboten. Welches ihrer drei Kinder die Tat konkret begangen hatte, teilten die beklagten Eltern nicht mit.

Nach dem Urteil des OLG München haften die beiden beklagten Eltern als Täter für die Verletzung der Verwertungsrechte der Klägerin. Die Beklagten könnten sich nicht mit dem bloßen Hinweis darauf entlasten, eines der drei in ihrem Haushalt lebenden und bereits volljährigen Kinder habe das Musikalbum in der Tauschbörse zum Herunterladen angeboten. Vielmehr hätten sie den ihnen nach eigener Darstellung bekannten Täter konkret benennen müssen.

Der BGH entschied bereits in einer anderen Filesharing-Sache mit Urteil vom 06.10.2016, Az. I ZR 154/15: Zur Erfüllung seiner sekundären Darlegungslast muss der abgemahnte Anschlussinhaber lediglich mitteilen, dass Dritte Zugriff hatten, wer diese Dritten sind und dass sie als Täter in Betracht kommen. Der Abgemahnte muss den tatsächlichen Täter aber nicht identifizieren und diesen benennen.

Zu dem Urteil des BGH vom 06.10.2016 liegt weiterhin weder eine Presseerklärung vor noch ist die vollständige Urteilsbegründung veröffentlicht. Der Fall unterscheidet sich von der Revisionssache I ZR 115/16 „Loud“ offenbar darin, dass die Eltern in dem vor dem OLG München geführten Verfahren wussten, welches ihrer drei Kinder der Täter war, wohingegen der Anschlussinhaber in dem Verfahren I ZR 154/15 nicht wusste, wer konkret der Täter war. Im Verfahren I ZR 154/15 ging es also um den Umfang der Nachforschungspflicht des Anschlussinhabers; im Verfahren I ZR 115/16 „Loud“ geht es um den Umfang der Offenbarungspflicht des Anschlussinhabers im Rahmen der sekundären Darlegungslast.

 

© RA Stefan Loebisch | Kontakt