Filesharing: Datenschutzverstoß – Beweisverwertungsverbot

Datenschutzverstoß und Beweisverwertungsverbot im Filesharing-Prozess – das Amtsgericht Koblenz erteilte mit Beschluss vom 24.11.2014, Az. 411 C 250/14, und Beschluss vom 02.01.2015, Az. 153 C 3184/14 den Hinweis: Die Auskunftsanordnung nur gegen den Reseller, nicht aber gegen den Internet-Provider des Anschlussinhabers verstößt bereits bei der Vorbereitung der Filesharing-Abmahnung gegen Datenschutzrecht und hat im Gerichtsverfahren ein Beweisverwertungsverbot zur Folge.

Was war geschehen?

Gegen die beklagten Anschlussinhaber sind offenbar die üblichen Filesharing-Klagen auf Lizenz.-Schadensersatz und Ersatz der Abmahnkosten rechtshängig. Die Rechteinhaber hatten vor ihrer Abmahnung gegen die Deutsche Telekom AG die Auskunftsanordnung nach § 101 Abs. 9 UrhG erwirkt. Als Folge dieser Auskunftsanordnung wurde die IP-Adresse, über die der Filesharing-Rechtsverstoß begangen worden sein soll, dem Internetanschluss der späteren Adressaten der Abmahnung und dann Beklagten zugeordnet.

Wie entschied das Amtsgericht Koblenz über die Zuordnung der IP-Adresse?

Die Zuordnung der IP-Adresse zu dem jeweiligen Anschlussinhaber, dem späteren Empfänger der Filesharing-Abmahnung und jetzigen Beklagten, sei rechtswidrig erfolgt. Der Auskunftsbeschluss, durch den die in der Abmahnung angegebene IP-Adresse dem Beklagten zugeordnete worden sei, habe sich nämlich nicht gegen dessen Vertragspartner und Internet-Provider, sondern gegen die Deutsche Telekom AG gerichtet. Die Deutsche Telekom AG sei jedoch lediglich Reseller für den Internet-Provider des Beklagten, ohne mit dem Beklagten unmittelbar einen Vertrag geschlossen zu haben.

Aus der Begründung zum Beschluss vom 14.11.2014:

„Die Erhebung der Bestandsdaten des Teilnehmers (Rufnummer, Name, Adresse, Geburtsdatum des Teilnehmers und ggf. Anschrift des Anschlusses), die durch die Verknüpfung mit der ermittelten dynamischen IP-Adresse ebenfalls zu Verkehrsdaten werden (vergl. Fromm/Nordemann, Urheberrecht, 10. Aufl. Rdnr. 66 m.w.N. aus der Rechtsprechung), erfolgt nämlich primär nicht durch den Access-Provider, sondern durch den Vertragspartner und Provider des Anschlussinhabers (sogenannter Reseller), Ein solcher Reseller, bei dem es sich regelmäßig nicht um die Deutsche Telekom AG handelt, sondern entweder eine von deren rechtlich selbständigen Konzerntöchtern oder einen außerhalb des Konzern der Deutschen Telekom AG agierenden Drittanbieter, erbringt als Vertragspartner des Endkunden dessen Zugang zum Internet als Leistung Im eigenen Namen und nutzt hierfür lediglich die Telekommunikationsnetze der Netzbetreiber. Nur zwischen dem Reseller und dem Endkunden bestehen überhaupt telekommunikationsrechtliche vertragliche Beziehungen.“

Und weiter:

„Zulässig wäre daher In den Fällen, in denen der Reseller die Leistung im eigenen Namen erbringt und nicht mit dem Accese-Provider (Netzbetreiber) identisch Ist, lediglich die Mitteilung des Namens und der Anschrift des Resellers durch den Netzbetreiber. Der Reseliler müsste dann seinerseits die Auskunft über die Daten des Anschlussinhabers erteilen, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen des § 101 Abs. 9 UrhG vorliegen, also wenn diesem die Auskunfterteilung gerichtlich gestattet wurde, da auch diese Auskunfterteilung auf die ermittelte IP-Adresse zurückgeht und damit unter Verwendung von Verkehrsdaten erfolgt. Dies ist im vorliegenden Fall nicht ersichtlich, der streitgegenständliche Gestattungsbeschluss richtet sich nur gegen die Deutsche Telekom AG als Access-Provider.“

Zusammengefasst: Die Auskunft, wer Inhaber des Internet-Anschlusses ist, von dem aus der abgemahnte Filesharing-Rechtsverstoß erfolgt sein soll, ist nur dann zulässig, wenn sich der Auskunftsbeschluss des Gerichts unmittelbar gegen den Internet-Provider des Anschlussinhabers richtet. Wer seinen Internet-Vertrag mit einem Reseller wie etwa 1&1 oder Alice abgeschlossen hat, kann nicht belangt werden, wenn sich der Auskunftsbeschluss statt dessen gegen die Deutsche Telekom AG richtet.

Welche Auswirkung hat der Hinweisbeschluss auf die Praxis der Filesharing-Rechtsverteidigung?

Mit seiner datenschutzrechtlichen Argumentation betritt das Amtsgericht Koblenz, soweit ersichtlich, Neuland. Diese Argumentation zugrundegelegt, wäre eine überwältigende Vielzahl von Filesharing-Abmahnungen zu unrecht erfolgt und sind und waren eine überwältigende Vielzahl von Filesharing-Klagen gegen die Anschlussinhaber schon alleine aus formalen Gründen unbegründet.

Ganz nebenbei: Mit seinem Hinweisbeschluss vom 02.01.2015 schließt sich das Amtsgericht Koblenz denjenigen Gerichten an, die in der jüngeren Zeit auch bei Filesharing die dreijährige Verjährung und nicht die zehnjährige Verjährung bejahten.

Es muss abgewartet werden, ob sich weitere Gerichte der datenschutzrechtlichen Argumentation des Amtsgerichts Koblenz anschließen, wenn sie über Lizenz-Schadensersatz oder Ersatz der Abmahnkosten nach einer Filesharing-Abmahnung entscheiden müssen.

Einen Versuch, die datenschutzrechtliche Argumentation des Amtsgerichts Koblenz bei der Verteidigung gegen eine Filesharing-Abmahnung und erst recht in einem Filesharing-Gerichtsverfahren anzuwenden, sollte es bis zur weiteren Klärung immer wert sein.