Der Bundesgerichtshof (BGH) veröffentlichte am 15.08.2012 den Volltext seines Urteils vom 26.07.2012, Az. VII ZR 262/11 zur versteckten Entgeltklausel für ein Internet-Branchenverzeichnis. Der Leitsatz des Urteils: Wird eine Leistung (hier: Grundeintrag in ein Branchenverzeichnis im Internet) in einer Vielzahl von Fällen unentgeltlich angeboten, so wird eine Entgeltklausel, die nach der drucktechnischen Gestaltung des Antragsformulars so unauffällig in das Gesamtbild eingefügt ist, dass sie von dem Vertragspartner des Klauselverwenders dort nicht vermutet wird, gemäß § 305c Abs. 1 BGB nicht Vertragsbestandteil. Eine erste Besprechung des Urteils ist bereits →hier zu finden.
Noch einmal: Wie entschied der BGH?
Der BGH wies den Zahlungsanspruch des Branchenverzeichnis-Anbieters ab. Die Entgeltabrede sei wegen ihres überraschenden Charakters nicht Vertragsbestandteil geworden. Eintragungen in Branchenverzeichnisse im Internet würden zwar nicht generell, aber in einer Vielzahl von Fällen unentgeltlich angeboten. Die berechtigte Kundenerwartung werde in der vorliegenden Fallgestaltung nicht hinreichend deutlich korrigiert.
Die Bezeichnung des Formulars als „Eintragungsantrag Gewerbedatenbank“ mache nicht hinreichend deutlich, dass es sich um ein Angebot zum Abschluss eines entgeltlichen Vertrages handele. Der Hinweis auf die Vergütungspflicht in der – rechten – Längsspalte gehe im ihn umgebenden Fließtext unter. Das gelte bereits für den Begriff „Vergütungshinweis“ in der Überschrift und erst recht für die Höhe der Vergütung und die Laufzeit des Vertrags. Die Aufmerksamkeit auch des gewerblichen Adressaten werde durch Hervorhebung im Fettdruck und Gestaltung auf die linke Spalte gelenkt.
Der Vertrag bleibe nach § 306 Abs. 1 BGB im Übrigen wirksam und sein Inhalt richte sich gemäß § 306 Abs. 2 BGB nach den gesetzlichen Vorschriften. Zutreffend und unangegriffen gehe das Berufungsgericht insoweit davon aus, dass die Herstellung des Werkes den Umständen nach nicht nur gegen eine Vergütung zu erwarten gewesen sei (§ 632 Abs. 1 BGB), so dass ein Werklohnanspruch auch auf dieser Grundlage nicht bestehe.
Welche Auswirkung hat das Urteil auf die Praxis?
Noch einmal: Das Urteil ist zunächst eine Einzelfall-Entscheidung, die alleine das Branchenverzeichnis der Klägerin und deren Eintragungsformular betrifft. Freilich wird der zweispaltige Aufbau des Eintragungsformulars von mehreren Branchenverzeichnis-Anbietern verwendet. So kann das Urteil auch dort als Argumentationsgrundlage herangezogen werden.
Von besonderem Interesse ist noch der Hinweis auf § 632 Abs. 1 BGB am Schluss des Urteils: Der unredliche Branchenverzeichnis-Anbieter geht zwar leer aus, muss aber trotzdem den Eintrag in seinem Branchenverzeichnis veröffentlichen.
Zu erwarten ist, dass unredliche Branchenverzeichnis-Anbieter nach diesem Urteil einfach die Aufmachung ihres Eintragungsformulars ändern werden und die Abzock-Versuche, Unternehmer mit versteckter Entgeltklausel über den Tisch zu ziehen, weiter gehen.
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