BGH: Muster der Widerrufsbelehrung muss vollständig übernommen werden

Der Bundesgerichtshof entschied mit Urteil vom 01.03.2012, Az.III ZR 83/11:

Eine Widerrufsbelehrung, die den den gesetzlichen Anforderungen nicht genügt, setzt die Widerrufsfrist nicht in Lauf. Ein Unternehmer kann sich auf die Schutzwirkung der Muster- Widerrufsbelehrung nur berufen, wenn er das Muster vollständig übernommen hat.

Was war geschehen?

Die Klägerin schloss mit dem Beklagten im Mai 2006 einen Vertrag über ein Entgelt für die Vermittlung einer fondsgebundenen Lebens- und Rentenversicherung. Im Vertragsforular hatte die Klägerin folgende Widerrufsbelehrung verwendet:

„Widerrufsrecht: Sie können Ihre Vertragserklärung innerhalb von zwei Wochen  ohne Angabe von Gründen in Textform (z.B. Brief, Fax, E-Mail) widerrufen. Die Frist beginnt frühestens mit Erhalt dieser Belehrung. Zur Wahrung der Widerrufsfrist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs. Der Widerruf ist zu richten an…“

Die Beklagte widerrief im Mai 2010 (!) den Vertrag.

Zum Urteil:

Der BGH entschied, dass die Beklagte auch nach den vier Jahren noch immer wirksam widerrufen konnte. Die Klägerin konnte die Beklagte sich nicht auf eine Widerrufsfrist von nur zwei Wochen verweisen. Die Klägerin konnte sich auch nicht darauf berufen, das gesetzlich vorgesehene Muster verwendet zu haben. Hierzu hätte die Klägerin das Muster sowohl inhaltlich als auch in der äußeren Gestaltung vollständig übernehmen müssen.

Praxisfolge:

Der BGH hat nochmals bestätigt, dass die Schutzwirkung des gesetzlichen Musters der fernabsatzrechtlichen Widerrufsbelehrung nur eingreift, wenn der Text vollständig übernommen wird. Bearbeitet statt dessen der Händler den Inhalt der Musterbelehrung, entfällt die Schutzwirkung.