Verbraucher und Unternehmer im Webshop-Recht

Wer ist im Fernabsatzrecht Verbraucher, wer ist Unternehmer? Wem steht bei einem Einkauf in einem Webshop das Widerrufsrecht zu? Dieser Beitrag ist der erste Teil einer zweiteiligen Serie, die sich mit den Unterschieden zwischen B2C-Webshop und B2B-Webshop befasst. Der zweite Teil befasst sich mit den Anforderungen an einen reinen B2B-Webshop, in dem nur Unternehmer einkaufen dürfen.

Verbraucher, Unternehmer und das Widerrufsrecht: Worum geht es?

Das Widerrufsrecht nach § 355 BGB ist der große Unterschied zwischen dem Einkauf im klassischen stationären Handel und dem Einkauf in einem Webshop.

Nach § 312g Abs. 1 BGB steht dieses Widerrufsrecht bei Fernabsatzverträgen – also Verträgen, die über einen Webshop geschlossen wurden – nur Verbrauchern zu.

Blick ins Gesetz

Wer also ist hiernach Verbraucher? Und wer ist es nicht?

§ 13 BGB lautet:

„Verbraucher ist jede natürliche Person, die ein Rechtsgeschäft zu Zwecken abschließt, die überwiegend weder ihrer gewerblichen noch ihrer selbständigen beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden können.“

Der nachfolgende § 14 Abs. 1 BGB lautet:

„Unternehmer ist eine natürliche oder juristische Person oder eine rechtsfähige Personengesellschaft, die bei Abschluss eines Rechtsgeschäfts in Ausübung ihrer gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit handelt.“

Es gibt also entweder Verbraucher oder Unternehmer.

Ist nun ein Verbraucher immer nur ein Verbraucher mit der Folge, dass ihm das Widerrufsrecht zusteht? Und ist ein Unternehmer immer nur ein Unternehmer mit der Folge, dass ihm das Widerrufsrecht nie zusteht? Oder kann eine selbständige Handwerkerin, kann ein Freiberufler, obwohl sie beide ein eigenes Unternehmen betreiben, auch einmal als Verbraucher im Sinne des Gesetzes gelten?

Jura ist Sprache und Logik – ein genauer Blick ins Gesetz hilft weiter.

In § 13 BGB tauchen die Worte „zu Zwecken abschließt“ auf. In § 14 Abs. 1 BGB heißt es, dass die Person „bei Abschluss eines Rechtsgeschäfts in Ausübung ihrer gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit“ gehandelt haben muss.

Entscheidend ist also nicht, welchen Beruf die Webshop-Kundschaft ausübt. Entscheidend ist vielmehr, ob der jeweilige Vertrag der gewerblichen oder selbständigen, also unternehmerischen, Berufsausübung zuzurechnen ist oder ob der Vertrag – jedenfalls überwiegend – der Privatsphäre zuzuordnen ist.

Urteil des Bundesgerichtshofs

Sogar eine Bestellung in einem Webshop unter der Büroadresse kann zur Folge haben, dass es sich um ein Verbrauchergeschäft handelt und die Kundschaft ihr Widerrufsrecht ausüben kann. Dies hat der Bundesgerichtshof (BGH) mit Urteil vom 30.09.2009, Az. VIII ZR 7/09, entschieden:

Eine Rechtsanwältin hatte in einem Webshop drei Lampen bestellt, danach aber den Widerruf erklärt und die Rückzahlung des Kaufpreises verlangt.

Die Klägerin hatte ihre Kanzleiadresse sowohl als Rechnungsadresse wie auch als Lieferadresse angegeben. Sie machte aber geltend, die Lampen nicht für ihr Büro, sondern ausschließlich für ihre Privatwohnung gekauft zu haben. Die Sendung habe sie sich ebenso wie die Rechnung nur deshalb an ihre Büroanschrift schicken lassen, da sie berufstätig sei. Was den Lampenkauf angehe, sei sie deshalb als Verbraucherin anzusehen. Sie habe folglich das Widerrufsrecht gehabt.

Vor dem Amtsgericht Hamburg-Wandsbek (Urteil vom 13.06.2008, Az. 716A C 11/08) und in der Berufungsinstanz vor dem Landgericht Hamburg (Urteil vom 16.12.2008, Az. 309 S 96/08) war die Rechtsanwältin mit ihrer Klage auf Erstattung des Kaufpreises noch erfolglos geblieben. Der Bundegerichtshof gab ihr schließlich recht:

„Aus der vom Gesetzgeber gewählten negativen Formulierung des zweiten Halbsatzes der Vorschrift des § 13 BGB wird deutlich, dass rechtsgeschäftliches Handeln einer natürlichen Person grundsätzlich als Verbraucherhandeln anzusehen ist und etwa verbleibende Zweifel, welcher Sphäre das konkrete Handeln zuzuordnen ist, zugunsten der Verbrauchereigenschaft zu entscheiden sind.

Eine Zurechnung entgegen dem mit dem rechtsgeschäftlichen Handeln objektiv verfolgten Zweck kommt daher nur dann in Betracht, wenn die dem Vertragspartner erkennbaren Umstände eindeutig und zweifelsfrei darauf hinweisen, dass die natürliche Person in Verfolgung ihrer gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit handelt. Zwar trägt der Verbraucher die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass nach dem von ihm objektiv verfolgten Zweck ein seinem privaten Rechtskreis zuzuordnendes Rechtsgeschäft vorliegt (Senatsurteil vom 11. Juli 2007 – VIII ZR 110/06, NJW 2007, 2619, Tz. 13). Unsicherheiten und Zweifel aufgrund der äußeren, für den Vertragspartner erkennbaren Umstände des Geschäfts gehen indes nach der negativen Formulierung des Gesetzes nicht zu Lasten des Verbrauchers. Es kann daher – entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts – nicht darauf ankommen, ob der Erklärende sich dem anderen Teil eindeutig als Verbraucher zu erkennen gibt. Vielmehr ist bei einem Vertragsschluss mit einer natürlichen Person grundsätzlich von Verbraucherhandeln auszugehen. Anders ist dies nur dann, wenn Umstände vorliegen, nach denen das Handeln aus der Sicht des anderen Teils eindeutig und zweifelsfrei einer gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit zuzurechnen ist.“

Praxisfolge

„Im Zweifel Verbraucher“ – so kann das Urteil des BGH zusammengefasst werden. Unsicherheiten gehen zu Lasten des Webshopbetreibers.

Was tun, wenn Kundschaft in einem Webshop gleichermaßen Verbraucher als auch Unternehmer sein können, das Widerrufsrecht aber nur den Verbrauchern und nicht auch den Unternehmern zustehen soll?

Auch hier gilt zunächst: Jura ist Sprache und Logik. Ein klarer Hinweis in den AGB und in der Widerrufsbelehrung reicht aus, um das Widerrufsrecht für Unternehmer auszuschließen.

Das Problem „Im Zweifel Verbraucher“ bleibt dann aber bestehen. Die rechtlich sichere Lösung besteht also darin, zwei getrennte Shops unter einem Dach mit getrennten Eingängen anzubieten – einen B2C-Shop, der sich ausschließlich an Verbraucher richtet, und einen B2B-Shop, der sich ausschließlich an Unternehmer wendet.

Wie das geht und was dabei zu beachten ist, zeigt der zweite Teil der Serie, zu dem es >hier< geht.

 

© RA Stefan Loebisch | Kontakt

 

 

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