B2B-Webshop: Mehr Rechtssicherheit, mehr Gestaltungsfreiheit

Wer ist im Fernabsatzrecht Verbraucher, wer ist Unternehmer? Wem steht bei einem Einkauf in einem Webshop das Widerrufsrecht zu? Welche rechtlichen Vorteile bietet ein reiner B2B-Webshop? Dieser Beitrag ist der zweite Teil einer Serie, die sich mit den Unterschieden zwischen B2C-Webshop und B2B-Webshop befasst. Der erste Teil befasst sich mit der Frage, wer im Sinne des Gesetzes Verbraucher ist und wer Unternehmer ist.

Abmahnfalle AGB und Pflichtangaben im B2C-Webshop

Ursprüngliche – und fortbestehende – Zielsetzung der wettbewerbsrechtlichen Abmahnung hin oder her, wonach die Marktteilnehmer die Möglichkeit haben sollen, ihre Streitigkeiten rasch und unbürokratisch außergerichtlich zu regeln: Die vielen rechtlichen Stolpersteine bei der Gestaltung eines B2C-Webshop, die fernabsatzrechtlichen Informationspflichten und zwingendes Verbraucherschutzrecht im elektronischen Geschäftsverkehr haben längst eine völlig eigenständige Abmahnbranche hervorgebracht.

Das Widerrufsrecht für Verbraucher und das damit verbundene Kalkulationsrisiko kommt hinzu. Lassen sich diese Risiken umgehen, indem ein reiner B2B-Webshop betrieben wird, dessen Angebote sich ausschließlich an Unternehmer und nicht mehr an Verbraucher richten?

Durchaus – aber auch dann sind erst einmal ein paar Hürden zu nehmen.

B2B-Webshop: Weniger Pflichtangaben, mehr Gestaltungsfreiheit

Die Gestaltung der einzelnen Angebote, die Produktpräsentation in den Angeboten, schließlich die Inhalte der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) unterliegen in einem reinen B2B-Webshop ganz anderen Voraussetzungen, als dies der Fall ist, wenn in dem Shop auch an Verbraucher (B2C) einkaufen dürfen:

  • Das Gesetz räumt Unternehmern kein Widerrufsrecht ein.
  • Zwingende fernabsatzrechtliche Informationspflichten, die dem Verbraucherschutz dienen, wie z. B. detaillierte Informationen über das Zustandekommen des Vertrags oder über Liefer- und Zahlungsbedingungen spielen im B2B-Shop keine Rolle.
  • Im B2B-Shop können Nettopreise angegeben werden und nicht, wie im B2C-Shop, Endpreise einschließlich der Umsatzsteuer (Mehrwertsteuer) und aller sonstigen Kosten.
  • Für die AGB besteht ein viel größerer Gestaltungsspielraum – zwingendes Verbraucherschutzrecht, von dem Händler nicht abweichen können, spielt keine Rolle:
  • Das Gewährleistungsrecht kann stärker eingeschränkt oder sogar ausgeschlossen werden.
  • Der Kundschaft können Rügepflichten und Rügefristen auferlegt werden.
  • Der Kundschaft kann die Transportgefahr auferlegt werden – im Gegensatz zum B2C-Geschäft muss sich der Händler keine Gedanken mehr darum machen, ob die Ware tatsächlich wohlbehalten bei der Kundschaft angekommen ist.
  • Als Gerichtsstand kann das Heimatgericht des Webshop-Betreibers bestimmt werden – beim B2C-Vertrag liegt der Gerichtsstand statt dessen immer am Heimatort des Verbrauchers.
  • Die Rechtsordnung des Staates, in dem der Webshop-Betreiber seinen Sitz hat, und die der Unternehmer kennt, kann gewählt werden – beim B2C-Vertrag darf einem Verbraucher nicht der ggf. höhere Schutz nach der Rechtsordnung seines Heimatlandes entzogen werden, die dem Unternehmer (und vielleicht auch seinem Rechtsanwalt) unbekannt ist.

Ausschluss von Verbrauchern im B2B-Webshop

Der Bundesgerichtshof (BGH) entschied bereits mit Urteil vom 30.09.2009, Az. VIII ZR 7/09:

„Aus der vom Gesetzgeber gewählten negativen Formulierung des zweiten Halbsatzes der Vorschrift des § 13 BGB wird deutlich, dass rechtsgeschäftliches Handeln einer natürlichen Person grundsätzlich als Verbraucherhandeln anzusehen ist und etwa verbleibende Zweifel, welcher Sphäre das konkrete Handeln zuzuordnen ist, zugunsten der Verbrauchereigenschaft zu entscheiden sind.“

„Im Zweifel Verbraucher“ – so kann das Urteil des BGH kurz zusammengefasst werden. Unsicherheiten gehen zu Lasten des Webshopbetreibers. Mehr Informationen zur Unterscheidung zwischen Verbrauchern und Unternehmern gibt es >hier< im ersten Teil.

„Im Zweifel Verbraucher“ bedeutet auch:

Ein Webshop-Betreiber, der einen reinen B2B-Shop anbieten will, der also ausschließlich Unternehmer als Kundschaft akzeptiert, muss sicherzustellen, dass Verbraucher keine Möglichkeit erhalten, in seinem Webshop zu bestellen. Der B2B-Shopbetreiber muss transparent und deutlich machen, dass sich sein Angebot nur an Unternehmer richtet. Er muss Verbraucher konsequent vom Einkauf in seinem Webshop ausschließen. Sonst verstoßen seine Produktinformationen und seine AGB in vielen Fällen automatisch gegen zwingendes Verbraucherrecht und fernabsatzrechtliche Informationspflichten für den B2C-Sektor. Die Folge von solch einem Durcheinander: Weil gegen Pflichtangaben oder das Transparenzgebot verstoßen wird, droht eine wettbewerbsrechtliche Abmahnung durch einen Mitbewerber oder einen Abmahnverband.

Technisch-organisatorische Maßnahmen im B2B-Webshop

Webshop-Betreiber, die einen reinen B2B-Shop (oder möglicherweise auch getrennte Shops für B2C und B2B) anbieten möchten, müssen daher auf folgendes achten:

  • Eindeutiger und deutlich sichtbarer Hinweis bereits auf der Startseite, dass sich der Shop nur an Unternehmer wendet oder dass für Verbraucher und Unternehmer getrennte Shops angeboten werden.
  • Eindeutige und weit vorne platzierte AGB-Klausel, dass sich das Angebot nur an Unternehmer und nicht an Verbraucher wendet.
  • Weitere technisch-organisatorische Hürden zwischen dem Shop-Eingang und dem Warenkorb, mit denen sichergestellt wird, dass tatsächlich nur Unternehmer Zugang erhalten, z.B.
    • ein Registrierungsformular, mit dem die vollständigen Firmendaten, die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer oder die Eintragung im Handelsregister abgefragt werden,
    • die Pflicht, einen Kunden-Account anzulegen, für dessen Freischaltung eine Kopie des Gewerbenachweises hochgeladen werden muss,
    • eine Checkbox mit der Bestätigung, dass die Kundschaft als Unternehmer im Sinne von § 14 BGB handelt.

Es gilt, um den eigenen B2B-Webshop einen Schutzzaun zu errichten, der Verbraucher fernhält – und in der Folge abmahnwütige Mitbewerber und Abmahnverbände.

 

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