Urteil: Unwirksame Verlängerung eines Probeabo mit Preisexplosion

Überraschende Verlängerungsklausel bei Probeabo mit Preisexplosion – das Amtsgericht München entschied mit Urteil vom 24.10.2019, Az. 261 C 11659/19: Eine AGB-Klausel, nach der sich ein Probeabonnement automatisch um die vierfache Zeit mit dem dreißigfachen Preis verlängert, ist unwirksam.

Sachverhalt – was war geschehen?

Die Klägerin warb zu Anfang des Jahres 2019 auf ihrer Website für ihren „Börsenbrief“. Zum Kennenlernen bot sie ein dreimonatiges Testabonnement zum Preis von 9,99 € an. Der reguläre Preis sollte 699,00 € betragen. Dieses limitierte Angebot für neue Leser ende „heute um 23.59 Uhr“. Dem Angebot lagen die von der Klägerin verwendeten AGB zugrunde, die auf der Bestellseite einsehbar waren.

Der Beklagte bestellte am 16.01.2019 das Testabonnement für den Börsenbrief. Die Klägerin bestätigte dem Beklagten mit E-Mail vom selben Tag den Abschluss des Testabonnements und dessen Beginn am 16.01.2019. Gleichzeitig berechnete die Klägerin die Abonnementskosten für das Testabonnement in Höhe von 9,99 €. Der Beklagte beglich diesen Betrag.

Die AGB der Klägerin enthielten unter anderem folgende Klauseln:

„Sämtliche Abonnements verlängern sich um ein Jahr, wenn sie nicht fristgemäß vor Ablauf des jeweiligen Bezugszeitraums gekündigt werden. Die Kündigungsfrist für das Vierteljahresabonnement beträgt sechs Wochen. Der Jahresabonnementspreis beläuft sich auf 1.298,00 Euro.“

Am 12.03.2019 stellte die Klägerin dem Beklagten für den Bezugszeitraum vom 17.04.2019 bis 17.04.2020 Abonnementskosten für den Börsenbrief in Höhe von 1.298 € in Rechnung. Der Beklagte erklärte den Widerruf des Vertrages. Die Klägerin akzeptierte diese Erklärung nur als Kündigung zum 17.03.2020.

Der Beklagte weigerte sich, die Rechnung zu bezahlen.

Rekordabo – wie entschied das Gericht?

Das Amtsgericht München wies die Klage als unbegründet ab.

„Die (Verlängerungs-) Regelung (…) der Allgemeinen Geschäftsbedingungen in Verbindung mit der damit einhergehenden Preissteigerung (…) ist überraschend im Sinn des § 305 c Abs. 1 BGB und wurde damit nicht Vertragsbestandteil. Damit verlängerte sich der ursprüngliche Vertrag über das Testabonnement nicht, so dass auch weiteres Entgelt, als das bereits bezahlte Entgelt in Höhe von 9,99 Euro für das Testabonnement nicht geschuldet ist.

Zwar ist eine Klausel, wonach sich die Laufzeit um ein Jahr verlängert, sofern nicht fristgemäß gekündigt wird, für sich nicht überraschend. Hier jedoch bedeutet die Verlängerung, dass sich der Vertrag um die vierfache Zeit für den dreißigfachen Preis verlängert. Hiermit muss der Vertragspartner nicht rechnen, so dass die Klausel unwirksam ist.“

Die Website der Klägerin erwecke den Eindruck, es werde gerade darauf abgezielt, Kunden unter Zeitdruck zu setzen und mit dem nur für einen sehr kurzen Zeitraum angebotenen Testabonnement zu ködern, um dann im Falle eines unterbliebenen Widerrufs exorbitante Preissteigerungen geltend machen zu können.

„Bei Zugrundelegung eines Vierteljahrespreises von 9,99 Euro bedeutet dies bei einem Jahrespreis von 1.298,00 Euro eine über 30-fache Preissteigerung für denselben Zeitraum von einem Vierteljahr, mithin steigt der Preis bei Verlängerung um die vierfache Zeit um über das 120-fache. Mit einer derartigen Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen braucht der Vertragspartner nicht rechnen. Diese ist damit überraschend (…).“

Da die Verlängerungsregelungen in den AGB der Klägerin unwirksam sei, müsse nicht entschieden werden, ob die Widerrufsbelehrung der Klägerin wirksam bzw. der Widerruf des Beklagten fristgerecht war.

Welche Auswirkung hat die Entscheidung auf die Praxis?

Nicht alles, was in AGB steht, ist am Ende rechtlich verbindlich. „Das also war des Pudels Kern“ – wer unter Zeitdruck einen Vertrag abschließt, wer ein Angebot annimmt, dass angeblich nur für ganz kurze Zeit gilt, sollte besonders genau hinschauen. Wer sich dann am Ende über den Tisch gezogen fühlt, sollte besonders genau hinschauen: Das Urteil zeigt, dass es sich lohnt, seine Rechte zu prüfen und dann auch geltend zu machen.

Die Pressemitteilung des AG München ist >hier< abrufbar.

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