Urteil: Makler darf keine Gebühr für Wohnungsbesichtigung verlangen

Besichtigungsgebühr für Wohnungsinteressenten und Wettbewerbsrecht – das Landgericht Stuttgart entschied mit Urteilen vom 15.06.2016, Az. 38 O 73/15 Kfh und 38 O 10/16 Kfh: Ein vom Wohnungsvermieter beauftragter Immobilienmakler ist nicht berechtigt, das Bestellerprinzip zu umgehen, indem er den Mietinteressenten für die Besichtigung der Wohnung eine Gebühr berechnet.

Besichtigungsgebühr für Mietinteressenten – was war geschehen?

Kläger in dem Verfahren 38 O 73/15 Kfh war der DMB-Mieterverein Stuttgart und Umgebung e.V.; Klägerin in dem Verfahren 38 O 10/16 Kfh war die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs (Wettbewerbszentrale). Beide Klägerparteien ergingen gegen einen in Stuttgart ansässigen Immobilienmakler vor. Dieser verlangte von Wohnungssuchenden eine Besichtigungsgebühr zwischen 35,00 € und 50,00 €, obwohl er nicht von den Mietinteressenten beauftragt worden war, sondern vielmehr von den Vermietern. Der Makler, so die Pressemeldung des Mietervereins, verteidigte sich damit, das seit dem 01.06.2015 in § 2 Abs. 1a Wohnungsvermittlungsgesetz (WoVermRG) geregelte Bestellerprinzip gelte für ihn nicht. Er sei kein Wohnungsvermittler, sondern Dienstleister.

Das Bestellerprinzip verbietet es dem Wohnungsvermittler, von dem Mietinteressenten ein Entgelt für die Vermittlung oder die Besichtigungsmöglichkeit zu verlangen, wenn dem Wohnungsvermittler bereits der Vermieter ein Vermittlungsauftrag erteilt hat. Das Bestellerprinzip hat nicht nur zur Folge, dass die klassische Vermittlungsprovision (Maklercourtage) für den Mietinteressenten weggefallen ist. Verboten ist es auch, vom Mietinteressenten sonstige Pauschalen oder Gebühren zu verlangen, um auf diese Weise das Bestellerprinzip zu umgehen.

Wie entschied das Landgericht Stuttgart zur Besichtigungsgebühr?

Ob sich der Wohnungsvermittler „Makler“ oder „Dienstleister“ nenne, sei unbeachtlich. Entscheidend sei, welche Tätigkeit er ausübe. Hier handele es sich um die Tätigkeit eines Immobilienmaklers. Damit gelte das Bestellerprinzp mit seinem Umgehungsverbot.

Welche Auswirkung haben die beiden Urteile auf die Praxis bei der Wohnungsvermittlung?

Im eigentlichen Sinne handelt es sich um Urteile aus dem Wettbewerbsrecht. Die Bedeutung der beiden Urteile reicht jedoch über das Wettbewerbsrecht hinaus: Entscheidend ist die Feststellung des Gerichts, dass ein Makler rechtswidrig handelt, wenn er vom Mietinteressenten oder vom späteren Mieter eine Gebühr für die Wohnungsvermittlung oder die Wohnungsbesichtigungen verlangt, und zwar ganz egal, welchen Namen die Gebühr trägt und wie sich der Immobilienmakler selbst bezeichnet. Mietinteressenten oder Mieter, die seit dem 01.06.2015 eine derartige Gebühr bezahlen mussten, obwohl sie nicht selber Auftraggeber des Maklers waren, können diese Gebühr zurückfordern – nötigenfalls klageweise.

 

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