OLG Hamm: Keine Anfechtung einer irrtümlich abgegebenen Unterlassungserklärung

Das Oberlandesgericht Hamm entschied mit Urteil vom 22.03.2012, Az: I-4 U 194/11: Auch die irrtümlich abgegebene Unterlassungserklärung löst bei einem erneuten Verstoß die Vertragsstrafe aus.

Was war geschehen?

Die Klägerin hatte die Beklagte im Mai 2010 mit dem Vorwurf, irreführend mit der Erstellung von Gutachten zu werben, abgemahnt. Die Beklagte hatte die der Abmahnung beigefügte, von der Klägerin vorformulierte, Unterlassungserklärung abgegeben. Hierin hatte sie sich verpflichtet, die beanstandete Werbung bei Meidung einer Vertragsstrafe in Höhe von 4.000 € zu unterlassen. Die Klägerin hatte die Unterlassungserklärung angenommen. Im Dezember 2010 verlangte die Klägerin von der Beklagten, die Vertragsstrafe zu zahlen. Die Klägerin hatte zuvor festgestellt, dass die Beklagte erneut mit der Erstellung von Gutachten warb. Die Beklagte verweigerte die Vertragsstrafe mit dem Argument, sie sei bereits im Mai 2010 zu Unrecht abgemahnt worden.

Wie entschied das Gericht?

Das Gericht verurteilte die Beklagte, die Vertragsstrafe zu bezahlen. Die irrige Annahme der Beklagten, wettbewerbswidrig gehandelt und infolgedessen zur Unterlassung verpflichtet zu sein, stelle lediglich einen unbeachtlichen Motivirrtum dar. Der Einwand der Beklagten, das beanstandete Verhalten sei nicht wettbewerbswidrig, werde durch die Unterlassungserklärung abgeschnitten. Spätestens durch die Annahme der Unterlassungserklärung im Mai 2010 sei ein Unterlassungsvertrag geschlossen worden, an dem sich die Beklagte nun festhalten lassen müsse.

Welche Auswirkungen hat die Entscheidung auf die Praxis?

Der Entschluss, eine Unterlassungserklärung abzugeben, darf nicht voreilig getroffen werden. Dies gilt für eine Unterlassungserklärung in Wettbewerbssachen ebenso wie für eine Unterlassungserklärung in Urheberrechtssachen, etwa bei Filesharing. Viele Betroffene übersehen, dass eine Unterlassungserklärung nicht nur ein Stück Papier, nicht nur eine schnelle Formalie ist, mit der die lästige Angelegenheit vom Tisch gebracht ist. Vielmehr zieht die Unterlassungserklärung regelmäßig einen Unterlassungsvertrag mit einer Bindung von 30 Jahren nach sich. Stellt sich nachträglich bei genauerer Prüfung erst heraus, dass die Abmahnung zu unrecht erfolgte, ist es regelmäßig zu spät: Verträge sind einzuhalten. Wer abgemahnt wird, sollte sich immer auch selbst anwaltlich beraten lassen.