Fortgeltung einer Unterlassungserklärung: Vertragsstrafe nach Rechtsverstoß durch neuen Firmeninhaber

Zur Fortgeltung einer Unterlassungserklärung gegenüber dem Firmennachfolger entschied das Landgericht (LG) Berlin mit Urteil vom 02.04.2012, Az. 52 O 123/11: Wer ein Handelsgeschäft übernimmt und unter der selben Firma fortführt, übernimmt damit auch die Pflichten aus einer vor der Übernahme durch den ursprünglichen Inhaber abgegebenen Unterlassungserklärung. Verstößt der neue Firmeninhaber gegen die Unterlassungserklärung, löst er hierdurch den Anspruch auf die vereinbarte Vertragsstrafe aus.

Was war geschehen?

Die Beklagte übernahm im Januar 2007 ein Handelsgeschäft. Die ursprüngliche Inhaberin dieses Handelsgeschäfts hatte am 02.02.2006 eine strafbewehrte Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung abgegeben, wonach sich die Firma unter anderem dazu verpflichtete, es bei Vermeidung einer für jeden Fall zukünftiger schuldhafter Zuwiderhandlung zu zahlender Vertragsstrafe in Höhe von 4.000 € zu unterlassen, im Wettbewerb handelnd in allgemeinen Mietbedingungen gegenüber Verbrauchern wörtlich oder inhaltsgleich die AGB-Klausel „Ausschließlicher Gerichtsstand ist Berlin“ zu verwenden und/oder sich bei der Abwicklung bestehender Verträge auf diese Klausel zu berufen.

Diese AGB-Klausel verwendete nun im Jahr 2011 auch die Beklagte. Der Kläger forderte sie deshalb unter Berufung auf die von der ursprünglichen Firmeninhaberin abgegebene Unterlassungserklärung auf, die Vertragsstrafe von 4.000 € zu zahlen.

Wie entschied das Landgericht Berlin?

Das Landgericht Berlin verurteilte die Beklagte, die Vertragsstrafe zu zahlen. Die Beklagte hafte gemäß § 25 Abs. 1 HGB als Rechtsnachfolgerin der ursprünglichen Firmeninhaberin aus der mit Wirkung für die Firma eingegangene Verpflichtung. Habe sich der frühere Inhaber eines Handelsgeschäfts – wie hier – zur Unterlassung und für den Fall der Zuwiderhandlung zur Zahlung einer Vertragsstrafe verpflichtet, so schulde derjenige, der das Handelsgeschäft übernimmt und unter der bisherigen Firma fortführt, nicht nur Unterlassung, sondern im Falle einer Zuwiderhandlung auch die versprochene Vertragsstrafe.

Welche Auswirkungen hat das Urteil auf die Praxis?

Das Urteil des Landgerichts Berlin beinhaltet dogmatisch gesehen letztlich keine großen Neuigkeiten. Das Urteil zeigt jedoch ein weiteres Mal, dass eine Unterlassungserklärung nicht auf die leichte Schulter genommen werden kann. Eine Unterlassungserklärung nach einer Abmahnung ist keine bloße Formalie, kein „juristischer Radiergummi“, durch den mithilfe eines Stückchens Papier ein Rechtsverstoß ungeschehen und vergessen gemacht wird. Vielmehr begründet die Unterlassungserklärung einen Vertrag, der einer immerhin dreißigjährigen Verjährung unterliegt. Innerhalb dieser 30 Jahre kann der Unterlassungsgläubiger also die Vertragsstrafe verlangen, wenn der Abmahnungsempfänger seinen Rechtsverstoß wiederholt – oder eben der Firmennachfolger des Abmahnungsempfängers wie hier.

Wer ein bestehendes Handelsgeschäft übernehmen und unter der bestehenden Firma fortsetzen möchte, tut also gut daran, bei der Übernahmeverhandlung auch nach derartigen „Altlasten“ aus dem Wettbewerbsrecht, möglicherweise längst vergessenen Unterlassungserklärungen aus der Vergangenheit, zu forschen.