Störerhaftung für WLAN-Betreiber – nächster Gesetzentwurf

Neuer Anlauf auf dem langen Weg, Rechtssicherheit für WLAN-Hotspot-Betreiber zu schaffen – heise online berichtet in einer Meldung vom 27.02.2017 über einen neuen Referentenentwurf zur Änderung des Telemediengesetzes (TMG).

Nachbesserung des WLAN-Gesetzes – vom Versuch, es allen recht zu machen

Wir erinnern uns:

Erst am 27.07.2016 trat das Zweite Gesetz zur Änderung des Telemediengesetzes – auch als WLAN-Gesetz bezeichnet – in Kraft. Mit dem neu aufgenommenen § 8 Abs. 3 TMG sollte die urheberrechtliche Störerhaftung als Haftungsrisiko für Hotspot-Betreiber beseitigt werden. Dieses WLAN-Gesetz zeichnete sich allerdings durch handwerkliche Schwächen aus: § 8 Abs. 1 TMG und § 8 Abs. 2 TMG schreiben derzeit nicht ausdrücklich vor, dass von der Haftungsprivilegierung für Hotspot-Betreiber auch die urheberrechtlichen Beseitigungs- und Unterlassungsansprüche mit umfasst sind. Dass eine derartige Haftungsprivilegierung gerade Ziel des Gesetzes sein soll, findet sich lediglich in der Gesetzesbegründung. Die Gesetzesbegründung erläutert das Gesetz und dessen Ziele aber nur, ohne selbst Gesetz zu sein. Die Gesetzesbegründung schreibt den Gerichten deshalb die Entscheidung nicht verbindlich vor: Die Richter sind an das Gesetz, nicht an die Gesetzesbegründung gebunden. Genau diese urheberrechtlichen Beseitigungs- und Unterlassungsansprüche bilden freilich die rechtliche Grundlage und in der Folge auch die wirtschaftliche Grundlage für das Geschäftsmodell der Filesharing-Abmahnindustrie.

Websperren gegen Rechtsverstöße

Der aktuelle Referentenentwurf, so heise online, sieht vor, dass Rechteinhaber von Hotspot-Betreibern weder Schadenersatz noch Ersatz der Abmahnkosten verlangen dürfen, wenn sie feststellen, dass über ein WLAN unerlaubt etwa urheberrechtlich geschützte Werke in Filesharing-Tauschbörsen verbreitet werden. Statt dessen soll der neu gefasste § 7 Abs. 4 TMG den Rechteinhabern ermöglichen, gerichtliche Anordnungen für Sperren gegen einen Diensteanbieter zu erwirken, so etwa in Form von Port-Sperren oder Seiten-Sperren.

Die Großrechneranlage im Kopf des Gesetzgebers

Port-Sperren, Seiten-Sperren – was technisch möglich ist und juristisch auf dem Papier vielleicht eine fein austarierte Einzelfall-Lösung darstellen mag, kann trotzdem an der Praxis vollkommen vorbei gehen: Großes Ziel, so ist immer wieder zu hören und zu lesen, soll angeblich die Transformation hin zur digitalen Gesellschaft sein. Diese digitale Gesellschaft wird aber nicht aus lauter Administratoren und Netzwerk-Spezialisten bestehen, die sich an Konfigurationsdateien berauschen. Die digitale Gesellschaft wird statt dessen aus lauter Normal-Usern mit ein paar IT-technischen Basis-Kenntnissen bestehen. Und aus dem Kreise dieser Normal-User werden auch die Hotspot-Betreiber kommen, um die es hier geht, nämlich die Hotel- und Gaststättenbetreiber, die Campingplatz-Betreiber, die ihren Gästen als Service einen leistungsfähigen und trotzdem kostenlosen Internet-Zugang zur Verfügung stellen möchten.

Interessengerecht und zielgerecht, wenn es um die vielbesungene digitale Gesellschaft geht, wäre eine klare Lösung ohne neue juristische Labyrinthe im Hinterhof: Abschaffung der Störerhaftung für Hotspot-Betreiber, Abschaffung einer praxisfernen „tatsächlichen Vermutung der Täterschaft“, klassische zivilrechtliche Beweislastverteilung bei der Inanspruchnahme als Täter ohne Wenn und Aber. Alles andere sind Blasen und Parallelwelten.

 

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