Typischer Textbaustein in Rechnungen und Mahnungen einer Branchenbuchfalle, einer Internet-Abofalle oder ähnlicher Abzockunternehmen, wenn der getäuschte Kunde eine ältere Rechnung bereits bezahlte: “Durch Ihre bereits geleistete Zahlung haben Sie die Wirksamkeit des Vertrages bestätigt, so dass Sie jetzt auch verpflichtet sind, die offene Rechnung zu bezahlen. Dies gilt auch, wenn der Vertrag nach Ihrer Meinung nichtig oder anfechtbar sein sollte.” Stimmt das tatsächlich?
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Verlust des Anfechtungsrechts durch Zahlung: Worum geht es?
Die Betreiber von Branchenbuchfallen, Abofallen, obskuren Online-Handelsportalen wollen auf zweierlei hinaus: Dem Kunden soll glauben gemacht werden, er könne nicht mehr aus dem untergeschobenen, wertlosen Vertrag hinaus, weil er das Rechtsgeschäft nach § 141 BGB oder § 144 BGB bestätigt habe. Oder er müsse die neue Rechnung bezahlen, weil er ein Schuldanerkenntnis nach § 781 BGB abgegeben habe, als er die erste Rechnung bezahlte.
Beides ist falsch.
Bestätigung durch Zahlung?
Der Bundesgerichtshof (BGH) hierzu zum Beispiel bereits in seinem Urteil vom 10.05.1995, Az. VIII ZR 264/94:
„Eine Bestätigung gemäß §§ 141 Abs. 1, 144 Abs. 1 BGB setzt voraus, dass die bestätigenden Vertragsparteien den Grund der Nichtigkeit oder Anfechtbarkeit kennen oder zumindest Zweifel an der Rechtsbeständigkeit des Vertrages haben.“
Unter Bezugnahme auf dieses Urteil dann der BGH mit Urteil vom 10.02.2012, Az. V ZR 51/11:
„Um einem nichtigen Vertrag Rechtswirksamkeit zu verschaffen, müssen sich die Parteien nicht nur über die zur Beseitigung des Nichtigkeitsgrunds erforderlichen Änderungen oder Ergänzungen verständigen, sondern das Geschäft nach § 141 Abs. 1 BGB bestätigen oder insgesamt neu abschließen.“
Diese Voraussetzungen erfüllen die Vertragsparteien in doppelter Hinsicht nicht:
Der abgezockte Kunde zahlt die erste Rechnung, weil er zu diesem Zeitpunkt noch nicht erkennt, dass der Vertrag nichtig oder zumindest anfechtbar ist.
Und das Abzockunternehmen will den Vertrag nicht selbst bestätigen oder gar neu abschließen, sondern schlicht Geld aufgrund der ursprünglichen Zusage des Kunden sehen.
Schuldanerkenntnis durch Zahlung?
Der Bundesgerichtshof (BGH) kurz und schnörkellos in seinem Urteil vom 11.01.2007, Az. VII ZR 165/05:
„Allein die Zahlung des Werklohns auf eine geprüfte Rechnung rechtfertigt nicht die Annahme eines deklaratorischen Schuldanerkenntnisses.“
Und danach der BGH im Beschluss vom 03.06.2008, Az. XI ZR 239/07:
„Die bloße Ablösung eines Darlehens stellt grundsätzlich kein kausales Anerkenntnis der Darlehensschuld durch den Darlehensnehmer dar.“
Und später im Urteil vom 11.11.2008, VIII ZR 265/07:
„Die vorbehaltlose Bezahlung einer Rechnung rechtfertigt für sich genommen weder die Annahme eines deklaratorischen noch eines ‚tatsächlichen‘ Anerkenntnisses der beglichenen Forderung.“
Praxisfolge für die Verteidigung gegen Abofallen und Branchenverzeichnis-Abzocke
Zu allererst: Nicht verrückt machen lassen. An der Anfechtung festhalten, soweit sie bereits erklärt wurde – oder die Anfechtung so schnell wie möglich nachholen. Und weiter: Bereits geleistete Zahlungen vom Abzockunternehmen zurückfordern.