Fotos in Immobilienanzeige – Schadensersatz für Mieter

Fotos der Wohnung in der Immobilienanzeige ohne Einwilligung der Wohnungsmieter und Schadensersatzanspruch gegen den Vermieter – das Landgericht Stuttgart entscheid mit Berufungsurteil vom 24.03.2025, Az. 4 S 159/24: Veröffentlicht der Vermieter im Rahmen einer Online-Immobilienanzeige Wohnungsbilder, ohne die Mieter um Erlaubnis zu fragen, haben die Mieter gemäß § 82 Abs. 1 DSGVO einen Schadensersatzanspruch. Der Anspruch besteht in Höhe von 100 € pro Mieter.

Sachverhalt: Worum geht es?

Die Vermieterin hatte während einer Wohnungsbesichtigung Fotos der Innenräume aufgenommen. Diese Bilder veröffentlichte sie dann ohne Zustimmung der Mieter im Rahmen einer Verkaufsanzeige im Internet.

Die Mieter verlangten je 2.500 € Schadensersatz. Das erstinstanzlich zuständige Amtsgericht Stuttgart-Bad Cannstatt wies die Klage mit Urteil vom 26.07.2024, 12 C 573/24, ab. Die Mieter legten Berufung zum Landgericht Stuttgart ein.

Ergebnis: Wie entschied das Landgericht Stuttgart?

Das Landgericht Stuttgart entschied zu Gunsten der Mieter. Ihnen stehe gemäß § 82 Abs. 1 DSGVO Schadensersatz zu. Die Vermieterin habe die Wohnungsbilder veröffentlicht, ohne den Nachweis erbringen zu können, dass die Mieter zuvor deren Einwilligung erteilt hätten. Auf diese Weise hätten die Mieter gegen ihren Willen die Kontrolle über ihre personenbezogenen Daten verloren. Hierdurch sei ihnen ein Schaden entstanden.

Das Landgericht hielt allerdings nur einen Schadensersatz in Höhe von 100 € pro Mieter für angemessen. Zwar seien die Daten der Mieter im Internet veröffentlicht worden. Aber gerade als Wohnung der Mieter seien die Bilder nur einem begrenzten Personenkreis erkennbar gewesen. Außerdem habe die Vermieterin die Fotos nicht absichtlich gegen den Willen der Mieter veröffentlichen wollen. Dies sei vielmehr aufgrund eines Kommunikationsversehens erfolgt.

Auswirkung auf die Praxis

Im Datenschutzrecht dreht sich alles um die personenbezogenen Daten. Der Personenbezug reicht weit. Fotos der vermieteten Wohnung beinhalten personenbezogene Daten der Mieter.

Fotos einer vermieteten Wohnung offenbaren viele Details aus dem Privatleben der Mietpartei: Welche Möbel haben sie? Welche Bilder hängen an den Wänden? Welchen Wohnstil pflegen sie also? Welchen Kunstgeschmack haben sie?

Auf diese Weise lässt sich dann zum Beispiel erahnen, welches Einkommen sie haben und welches Leben sie führen.

Nach Art. 6 Abs. 1 DSGVO ist eine Verarbeitung personenbezogener Daten nur rechtmäßig, wenn mindestens eine der sechs dort aufgeführten Bedingungen erfüllt ist.

Weil Wohnungsfotos so viel über das Privatleben der Bewohner mitteilen, wird eine Abwägung der Interessen von Mieterpartei und Vermieterpartei nach Art. 6 Abs. 1 f) DSGVO wohl regelmäßig zugunsten der Mieter ausgehen: Vermieter können sich dann nicht darauf berufen, die Veröffentlichung der Fotos sei im Rahmen einer Immobilienanzeige erforderlich.

Damit kommt nur noch die Einwilligung der Mieter – aller Mieter! – als Erlaubnisgrund gemäß Art. 6 Abs. 1 a) DSGVO in Betracht.

Für eine wirksame Einwilligung trägt der für die Datenverarbeitung Verantwortliche die volle Beweislast. Das ist hier der Vermieter, der mit den Fotos seine Immobilienanzeige bebildert. Missverständnisse und Irrtümer gehen zu seinen Lasten.

Ein Kommunikationsversehen zwischen Vermieterpartei und Mieterpartei kann deshalb zu Schadensersatzansprüchen führen. Ein Irrtum ist im Datenschutzrecht keine Entschuldigung. Vermieter, die eine Immobilienanzeige mit Fotos der vermieteten Wohnung illustrieren möchten, sind deshalb gut beraten, sich von ihren Mietern eine schriftliche und eindeutige Einwilligungserklärung geben zu lassen – und zwar noch bevor sie in der Wohnung das erste Foto anfertigen.

 

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