Funk-Rauchmelder: Verfassungsbeschwerde nicht angenommen

Rauchmelder in der Mietwohnung und Datenschutzrecht – das Bundesverfassungsgericht lehnte mit Beschluss vom 08.12.2015, Az. 1 BvR 2921/15, die Annahme einer Verfassungsbeschwerde gegen die Verpflichtung eines Mieters, den Einbau von Funk-Rauchmeldern in seine Wohnung zu dulden, ab.

Rauchmelder in der Mietwohnung – was war geschehen?

Eine Wohnungsbaugesellschaft kündigte an, in der Wohnung ihrer Mieter Funk-Rauchmelder einzubauen, die sich aus der Ferne warten lassen. Der Rauchmelder prüft über Ultraschall, ob seine Umgebung unverstellt ist. Einmal im Monat funkt der Rauchmelder an einen Datensammler im Hausflur Informationen, etwa zum Batteriestand.

Einer der Mieter, der spätere Beschwerdeführer, lehnte das von der Wohnbaugesellschaft ausgesuchte Gerät ab. Der Rauchmelder, so befürchtete der Mieter, diene nicht lediglich dem Brandschutz, sondern sei mittels Ultraschallsensoren und Infrarottechnologie dazu geeignet, Bewegungsprofile von Personen zu erstellen, die sich in der Wohnung aufhielten. Sogar die Aufzeichnung von in der Wohnung geführten Gesprächen sei technisch möglich. Der Beschwerdeführer bot der Klägerin an, auf eigene Kosten ein einfacheres, ohne Funktechnik ausgestattetes Modell in seiner Wohnung zu installieren. Dazu war die Wohnbaugesellschaft unter Hinweis auf die Vorzüge des von ihr gewählten Gerätetyps nicht bereit.

Nach den Angaben des Rauchmelder-Herstellers waren die Befürchtungen des Mieters unbegründet.

Die Wohnbaugesellschaft erhob gegen den Mieter Klage, gerichtet auf die Duldung des Einbaus. Das Amtsgericht Köln gab der Wohnbaugesellschaft mit Urteil vom 29.04.2015, Az. 220 C 482/14, recht. Das Landgericht Köln wies die Berufung des Mieters mit Beschluss vom 26.10.2015, Az. 10 S 88/15, zurück.

Mit seiner Verfassungsbeschwerde rügte der Beschwerdeführer die Verletzung seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts aus Art. 1 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 2 Abs. 1 GG und von Art. 13 Abs. 1 GG, Art. 19 Abs. 4 GG und Art. 20 Abs. 3 GG. Das Landgericht habe die Tragweite seiner Grundrechte auf informationelle Selbstbestimmung und Unverletzlichkeit der Wohnung grundlegend verkannt.

Wie entschied das Bundesverfassungsgericht im Rauchmelder-Streit?

Das Bundesverfassungsgericht nahm die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung an. Die Verfassungsbeschwerde sei bereits unzulässig. Ihre Begründung genüge nicht den gesetzlichen Anforderungen nach §§ 92, 23 Abs. 1 Satz 2, 1. Halbsatz BVerfGG:

„Der Beschwerdeführer verkennt bereits im Ausgangspunkt seiner Argumentation, dass er sich im Verhältnis zur Klägerin, einer privatrechtlichen juristischen Person, nicht unmittelbar auf ein Recht auf informationelle Selbstbestimmung berufen kann. Auch das Grundrecht auf Unverletzlichkeit der Wohnung (Art. 13 Abs. 1 GG) betrifft nicht unmittelbar das Rechtsverhältnis des Mieters zum Wohnungsvermieter oder dem Grundstückseigentümer; für deren Rechtsbeziehungen ist zunächst das bürgerliche Recht, insbesondere das Miet-, Besitz- und Nachbarrecht, maßgebend.“

Der Beschwerdeführer begründe auch nicht ausreichend, inwieweit das Recht auf informationelle Selbstbestimmung oder das Grundrecht aus Art. 13 Abs. 1 GG wegen ihrer Ausstrahlungswirkung für das hier gegebene Privatrechtsverhältnis Bedeutung erlangen können:

„Insbesondere geht der Beschwerdeführer nicht darauf ein, ob und in welcher Weise die Ausgangsgerichte seine Grundrechte im Rahmen einer Interessenabwägung nach § 555d Abs. 2 Satz 1 BGB hätten berücksichtigen müssen. Auch der Sache nach legt er nicht die nach den Umständen des Einzelfalls relevanten Gesichtspunkte dar, sondern beruft sich letztlich nur auf die Möglichkeit einer Manipulation des Geräts und den damit verbundenen negativen Folgen für ihn und andere Personen, die sich in der Wohnung aufhalten. Im Rahmen einer umfassenden Interessenabwägung müssten aber auch die von der Klägerin dargestellten Vorzüge berücksichtigt werden, die mit einer Fernwartung nicht nur für sie, sondern auch für die Mieter verbunden sind. In diesem Zusammenhang hätte sich der Beschwerdeführer auch mit der Auslegung der zugrunde liegenden mietrechtlichen Bestimmungen und der hierzu ergangenen Rechtsprechung auseinandersetzen müssen.“

Nach der gesetzlichen Regelung des § 555b BGB liege die Dispositionsbefugnis über die einzubauende Marke der Rauchwarnmelder, die Anzahl der benötigten Geräte und das zu beauftragende Fachunternehmen grundsätzlich beim Vermieter. Der Vermieter könne darauf berufen, dass durch die einheitliche Ausstattung mit einem bestimmten Gerät der Einbau und die spätere Wartung von Rauchwarnmeldern für das gesamte Gebäude „in einer Hand“ gebündelt und damit ein hohes Maß an Sicherheit gewährleistet werde.

Welche Auswirkung hat die Entscheidung auf die Praxis?

Die Begründung des Bundesverfassungsgerichts zeigt: Die Verfassungsrichter entschieden nicht darüber, ob der Einbau von Funk-Rauchmeldern grundsätzlich zulässig ist oder nicht. Die Verfassungsrichter entschieden auch nicht darüber, ob der Beschwerdeführer als Mieter individuell in seinem Recht auf informationelle Selbstbestimmung oder in seinem Grundrecht auf die Unverletzlichkeit der Wohnung beeinträchtigt war oder nicht.

Das Bundesverfassungsgericht lehnte die Verfassungsbeschwerde aus formalen Gründen ab, weil die Beschwerdebegründung nicht den gesetzlichen Anforderungen entsprach.

Mit einer anderen Beschwerdebegründung wäre die Verfassungsbeschwerde also möglicherweise angenommen worden. Allein ist dies Spekulation, wie es auch Spekulation ist, wie die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts dann möglicherweise ausgefallen wäre.

Die Frage, ob Vermieter in den Wohnungen ihrer Mieter Funk-Rauchmelder anbringen dürfen oder nicht, und die damit zusammenhängenden Erwägungen an der Schnittstelle von Mietrecht und Datenschutzrecht, werden sich sicherlich in Zukunft noch öfter stellen. Möglichweise wird es dann weitere Verfassungsbeschwerden geben, und möglicherweise wird das Bundesverfassungsgericht dann seinen Rechtsstandpunkt äußern, ob es in Funk-Rauchmeldern eine Gefahr für das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung oder für das Grundrecht auf Unverletzlichkeit der Wohnung sieht.

 

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