Neues Filesharing-Urteil zum Ausschluss der Haftung des Anschlussinhabers – das Amtsgericht (AG) Düsseldorf entschied mit Urteil vom 25.11.2014, Az. 57 C 1312/14: Der Anschlussinhaber haftet nicht für einen Filesharing-Rechtsverstoß, wenn er belegen kann, dass auch volljährige Familienmitglieder den Internetanschluss mitbenutzen konnten.
Was war geschehen?
Das übliche – Filesharing-Abmahnung, hier wegen eines Filmwerks. Die Klägerin erhob Klage auf Ersatz der Abmahnkosten.
Zum Zeitpunkt der behaupteten Rechtsverletzung lebten mit dem abgemahnten un nun beklagten Anschlussinhaber dessen Ehefrau sowie die beiden volljährigen Kinder in häuslicher Gemeinschaft.
Wie entschied das AG Düsseldorf zur Haftung des Anschlussinhabers?
Das AG Düsseldorf wies die Klage ab.
Der beklagte Anschlussinhaber hafte nicht als Täter aus § 97 Abs. 2 UrhG, da nicht feststehe, dass er Täter der behaupteten Rechtsverletzung war. Die tatsächliche Vermutung der Alleinnutzung des Anschlusses durch den Beklagten sei bereits dadurch widerlegt, dass die Ehefrau des Beklagten sowie die volljährigen Kinder im Haushalt wohnen und freien Zugriff auf den Internetzugang hatten. Weitergehender Feststellungen, insbesondere zum Umfang der zeitlichen Nutzung des Anschlusses, bedürfe es zur Widerlegung der tatsächlichen Vermutung nicht.
Für den Wegfall der tatsächlichen Vermutung genüge bereits die reine Zugriffsmöglichkeit. Darüber hinaus lasse bereits das gemeinsame familiäre Zusammenleben im Haushalt die Grundlagen der tatsächlichen Vermutung entfallen. Es entspreche der Lebenserfahrung, dass im Haushalt des Anschlussinhabers lebende weitere Personen – erst recht, wenn es sich um die Ehefrau und volljährige eigene Kinder handelt – freien Zugriff auf einen dort vorhandenen Internetanschluss haben und hiervon auch Gebrauch machen.
Auch Störerhaftung scheide aus. Der beklagte Anschlussinhaber müsse also auch nicht nach §§ 97 Abs. 1, 97a UrhG die Abmahnkosten erstatten. Eine Störerhaftung setze nach dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 12.05.2010, Az. I ZR 121/08 „Sommer unseres Lebens“ Überwachungspflichten voraus. Derartige Überwachungspflichten ergäben sich jedoch nicht bereits aus der Anschlussinhaberschaft als solcher, sondern bestünden nur in dem Umfang, wie sie sich aus anderen Vorschriften, insbesondere der zivilrechtlichen Aufsichtspflicht, ergeben. Weder gegenüber der Ehefrau noch gegenüber volljährigen Kindern bestünden zivilrechtliche Aufsichts- und Überwachungspflichten. Somit bestehe auch keine Pflicht, diese Familienmitglieder das Verbot von Urheberechtsverletzungen zu bestehen. Deswegen bestehe kein Raum für eine Störerhaftung.
Welche Auswirkung hat das Filesharing-Urteil des AG Düsseldorf auf die Praxis?
Das Urteil enthält keine revolutionär neuen Ergänzungen der Filesharing-Rechtsprechung. Es ergänzt und schärft aber die Tendenz der jüngeren Rechtsprechung sowohl zum Umfang der Beweislast des Anschlussinhabers wie auch zum Umfang von dessen Überwachungspflichten gegenüber Familienmitgliedern.
Entscheidend ist: Der Anschlussinhaber muss nicht beweisen, wer über den Familienanschluss tatsächlich Filesharing betrieben hat. De Anschlussinhaber muss nur darlegen, ob und welche weiteren Familienmitglieder den Internetanschluss mit benutzen durften.
Filesharing-Abmahnungen als Möglichkeit, nur mit immer gleichen Textbausteinen im Massenverfahren viel Geld zu verdienen, als Geschäftsfeld, auf dem die Leistungsfähigkeit der Druckmaschine manchmal wichtiger zu sein scheint als der Kopf des Anwalts, gehen in ihrer bisherigen Form ihrem Ende entgegen.
Für abgemahnte Anschlussinhaber wird damit wieder einmal bestätigt, dass es bis dorthin ratsam ist, rechtlichen Beistand einzuholen und den Sachverhalt präzise aufzuarbeiten, bevor vorschnell eine strafbewehrte Unterlassungserklärung mit ihrer 30-jährigen Bindungsdauer abgegeben wird.