Auch im Spätsommer 2023 verschickt der Verband bayerischer Kfz-Innungen für fairen Wettbewerb e.V. (VbKfW) seine wettbewerbsrechtlichen Abmahnschreiben an Gebrauchtwagen-Verkäufer. Weiterhin werden Angebote auf der Plattform mobile.de zum Gegenstand der Abmahnung gemacht. Wiederum lautet der Vorwurf, hinter einer privaten Gebrauchtwagenanzeige verberge sich wahrheitswidrig ein gewerbliches Angebot. Wie bereits von den früheren Abmahnungen bekannt fordert der VbKfW die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung mit einem Vertragsstrafeversprechen in Höhe von 5.000 € für jede zukünftige Zuwiderhandlung sowie Ersatz der Abmahnkosten in Höhe von 296,31 €.
Abmahnung durch den VbKfW – worum geht es?
Die Aktennummer im Anschreiben lässt zumindest vermuten, dass der Verband auch im Jahr 2023 bereits in ganz erheblichem Umfang Abmahnungen verschickt hat.
Der Verband bayerischer Kfz-Innungen für fairen Wettbewerb e.V. (VbKfW) wurde nach dessen eigener Darstellung am 18.07.2018 von den bayerischen Kfz-Innungen gegründet.
Nach wie vor können nach § 3 Nr. 1 der Vereinssatzung des VbKfW (Satzung vom 18.07.2021, zuletzt geändert durch Beschluss vom 20.04.2021) nur Kfz-Innungen mit Sitz in Bayern ordentliche Mitglieder werden. Alleine diesen ordentlichen Mitgliedern steht nach § 7 Nr. 1 Satz 2 der Vereinssatzung in der Mitgliederversammlung das Stimmrecht zu. Jede Innung wird hierbei durch ihren Geschäftsführer vertreten; § 7 Nr. 1 S. 3 der Satzung.
Derzeit gibt es in Bayern sieben Kfz-Innungen, nämlich je eine für Schwaben, Mittelfranken, München-Oberbayern, Niederbayern, Oberfranken, Oberpfalz u. Kreis Kelheim und Unterfranken.
Die – nach Angaben des VbKfW – insgesamt rund 6.500 Betriebe, die diesen sieben Kfz-Innungen angehören und deren Interessen der Verband ebenfalls zu vertreten beansprucht, sind nicht unmittelbare Mitglieder.
Der Bundesgerichtshof (BGH) freilich entschied mit Urteil vom 26.01.2023, Az. I ZR 111/22, dass es für die Klagebefugnis (und damit auch für die Abmahnbefugnis) eines Wettbewerbsverbandes nicht darauf ankommt, welche Rechte dessen einzelne – mittelbare oder unmittelbare – Mitglieder haben. Sowohl bei mittelbaren Mitgliedern wie auch bei unmittelbaren Mitgliedern kommt es nach dieser Entscheidung auf deren Stimmberechtigung nur an, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass ihre Mitgliedschaft allein bezweckt, dem Verband die Klagebefugnis zu verschaffen.
Dieses BGH-Urteil erging allerdings nicht unter Beteiligung des VbKfW als Prozesspartei, sondern zugunsten eines anderen Abmahnvereins, wohl zugunsten des IDO – Interessenverband für das Rechts- und Finanzconsulting deutscher Online-Unternehmen e.V.
Abmahnung durch den VbKfW – was tun?
Wenngleich in diversen Online-Foren häufig das Gegenteil behauptet wird: Jede wettbewerbsrechtliche Abmahnung muss sehr ernst genommen werden. Abmahnungen sind nicht per se Rechtsmissbrauch. Auch im Jahr 2023 ist der Papierkorb der falsche Ort für ein Abmahnschreiben. Wer eine Abmahnung auf die leichte Schulter nimmt, riskiert eine einstweilige Verfügung oder eine Klage.
Wer statt dessen nur die vergleichsweise moderaten Abmahnkosten des VbKfW im Auge hat, gibt möglicherweise vorschnell eine Unterlassungserklärung ab, die zu weit gefasst und rechtlich nachteilig ist, oder auf die der VbKfW vielleicht sogar überhaupt keinen Anspruch hat.
Deshalb empfiehlt sich eine sorgfältige Überprüfung Schritt für Schritt durch einen Rechtsanwalt:
- Besteht im konkreten Einzelfall ein überhaupt Wettbewerbsverhältnis?
- Ist der VbKfW abmahnbefugt? Ist er dazu in der Liste nach § 8b UWG eingetragen?
- Ist die Abmahnung begründet? Handelt es sich tatsächlich um ein gewerbliches Verkaufsangebot?
- Lassen sich im konkreten Einzelfall Indizien für Abmahnungsmissbrauch feststellen?
Hat der VbKfW keinen Anspruch auf die Unterlassungserklärung, sollte die Abmahnung rasch, nüchtern und nachdrücklich abgewehrt werden.
Ist eine Unterlassungserklärung dagegen sinnvoll oder gar unumgänglich, sollten zukünftige Privatangebote, die nicht im Rahmen des gewerblichen Gebrauchtwagenhandels erfolgen, sorgfältig vorbereitet werden. Dann gilt es, dem späteren Vorwurf vorzubeugen, gegen das Vertragsstrafeversprechen verstoßen zu haben, und weiteren Ärger mit dem Verband bayerischer Kfz-Innungen für fairen Wettbewerb e.V. zu vermeiden.
© RA Stefan Loebisch | Kontakt