Urteil: Gewinnspiel mit Einwilligung in E-Mail-Werbung und Telefonwerbung

Gewinnspiel-Teilnahme, Werbe-Newsletter und die wirksame Einwilligungserklärung – das Oberlandesgericht Frankfurt am Main entschied mit Urteil vom 28.07.2016, Az. 6 U 93/15: Die zwecks Teilnahme an einem kostenlosen Gewinnspiel im Internet eingeholte Einwilligungserklärung des Verbrauchers in Telefonwerbung und E-Mail-Werbung ist unwirksam, wenn sich die Erklärung auf eine Vielzahl von werbenden Unternehmen bezieht und jedenfalls für einen Teil dieser Unternehmen die Geschäftsbereiche so unbestimmt formuliert sind, dass nicht klar wird, für welche Produkte und Dienstleistungen die Einwilligungserklärung in die Werbung abgegeben wird.

Werbeeinwilligung und Gewinnspiel – was war geschehen?

Die Beklagte bot im Internet ein Gewinnspiel an. Um sich zur Teilnahme an dem Gewinnspiel anmelden zu können, musste ein Interessent im Anmeldeformular ein Häkchen vor einer vorformulierten Klausel setzen, die folgenden Wortlaut hatte:

„Ja, ich möchte am Gewinnspiel teilnehmen und erteile den in dieser Liste aufgeführten Sponsoren für die jeweils angegebenen Produkte oder Dienstleistungen mein Einverständnis für E-Mail, Post und/oder Telefonwerbung, wie in der Liste angegeben. Das Einverständnis kann ich jederzeit widerrufen.“

Die Worte „Liste“, „Sponsoren“, „Produkte“ und „Dienstleistungen“ waren mit einem Link versehen, der zu einer Liste mit 50 Unternehmen führte. Zu jedem Unternehmen war jeweils die Firma, eine Internetadresse sowie ein Geschäftsbereich genannt.

Die Beklagte gab die Daten, die sie von den Gewinnspiel-Teilnehmern bei der Anmeldung erhoben hatte, an die aufgelisteten Unternehmen weiter. Diese Unternehmen konnten dann die Gewinnspiel-Teilnehmer zu Werbezwecken der E-Mail oder Telefon kontaktieren.

Kläger in dem Verfahren war der Bundesverband der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände – Verbraucherzentrale Bundesverband e.V. (vzbv). Er sah in dem Online-Teilnahmeformular Verstöße gegen § 1 UKlaG in Verbindung mit §§ 307 Abs.1, 2 Nr. 1 BGB, 7 Abs. 1, 2 Nr. 2 und 3 UWG bzw. §§ 2 Abs. 1 UKlaG, § 4 Nr. 11 UWG a. F. (§ 3a UWG n. F.) jeweils in Verbindung mit § 28 Abs. 3 BDSG. Wegen dieser Verstöße gegen Wettbewerbsrecht, Datenschutzrecht und AGB-Recht machte der Kläger gegen die Beklagte den ihm als Verband zustehenden Unterlassungsanspruch geltend.

Bereits das Landgericht Frankfurt am Main gab dem Kläger mit Urteil vom 17.04.2015, Az. 2-3 O 268/14, recht.

Verbindung von Online-Gewinnspiel und E-Mail-Werbung – wie entschied das Gericht?

Das Oberlandesgericht bestätigte das Urteil des Landgerichts. Das Anmeldeformular sei nicht rechtskonform gestaltet gewesen mit der Folge, dass die auf diese Weise eingeholte Einwilligungserklärung in Telefonwerbung und E-Mail-Werbung unwirksam sei:

„Die Einwilligung eines Verbrauchers in Werbeanrufe bzw. Werbe-E-Mails ist nur dann wirksam, wenn seine Willensbekundung ohne Zwang, für den konkreten Fall und in Kenntnis der Sachlage erfolgt (BGH GRUR 2013, 531 Rn. 23 [BGH 25.10.2012 – I ZR 169/10] – Einwilligung in Werbeanrufe II).

Dem Erfordernis ‚Kenntnis der Sachlage‘ wird grundsätzlich schon dann genügt, wenn der Verbraucher die Möglichkeit erhält, sich über die Konsequenz seiner Einwilligung zu informieren. Wer aus Interesselosigkeit oder Dummheit eine von ihm verlangte Einwilligungserklärung ungelesen anklickt, kann nicht als schutzwürdig angesehen werden. Die Möglichkeit zur Kenntnisnahme muss nach den Gesamtumständen so ausgestaltet sein, dass sie für den Verbraucher überschaubar und verständlich ist; sie muss daher demjenigen Internetnutzer, der grundsätzlich zu einer sachlichen Befassung mit Inhalt und Umfang der Einwilligungserklärung bereit ist, die Möglichkeit einer realistischen Prüfung eröffnen und darf nicht die Gefahr einer vorschnellen Einwilligung begründen (Senat GRUR 2016, 252 – Partnerliste, Tz. 24 bei juris).

Es muss hier nicht entschieden werden, ob bereits in die große Anzahl der Unternehmen auf der Partnerliste der Beklagten einer realistischen Informationsmöglichkeit entgegensteht. Dafür spricht, dass sich erfahrungsgemäß auch ein verständiger Verbraucher mit Rücksicht auf die geringe Aussicht auf einen Gewinn nicht die Mühe machen wird, die gesamte Liste von 50 Partnern mit den dort aufgeführten Geschäftsbereichen durchzugehen, bevor er seine Entscheidung für oder gegen die Teilnahme an dem Gewinnspiel trifft.

Die Frage kann hier offen bleiben, weil die Partnerliste gemäß Anlage K 2 darüber hinaus weitere Defizite enthält, die der wirksamen Einwilligungserklärung eines Verbrauchers entgegenstehen. Das Landgericht hat bereits herausgearbeitet, dass die Geschäftsbereiche mehrerer Partner der Beklagten so unbestimmt formuliert sind, dass nicht klar wird, welche Produkte oder Dienstleistungen von diesem Unternehmen angeboten werden und dementsprechend für welche Produkte oder Dienstleistungen die Einwilligung in Werbeanrufe begehrt wird.“

Die pauschale Beschreibung der Geschäftsbereiche „E-Mail Werbung für Unternehmen“ und „Versandhandel“ stehe einer wirksamen Einwilligung entgegen. Auch die pauschale Angabe „Zusendung von Newslettern des Portals ….com/de mit unterschiedlichen Produktangeboten wie bspw. Kleidung, Reisen, Rabatte“ stehe einer wirksamen Einwilligung entgegen.

§ 28 Abs. 3 BDSG sei eine verbraucherschützende und damit das Marktverhalten der Verbraucher regelnde Norm. Dies werde durch den am 18.06.2016 in Kraft getretenen § 2 Abs. 2 Nr. 11 UKlaG festgeschrieben. Aber auch schon für den Zeitpunkt der Verletzungshandlung davor habe dies gegolten.

Gewinnspiel-Teilnahme gegen E-Mail-Werbung – welche Auswirkung hat das Urteil auf die Praxis?

Es ist grundsätzlich zulässig, ein Gewinnspiel anzubieten, aber die Einwilligung in Telefonwerbung oder E-Mail-Werbung zur Teilnahmebedingung zu machen. Es kommt auf die Details der Einwilligungserklärung an.

Bereits mit Urteil vom 17.12.2015, Az. 6 U 30/15, entschied das Oberlandesgericht Frankfurt am Main, eine Gewinnspiel-Werbung mit einer Sponsorenliste, die 59 Unternehmen mit Firma, Anschrift und Geschäftsbereich umfasse, habe die Einwilligungserklärung in Telefonwerbung und E-Mail-Werbung unwirksam gemacht.

Ob das, was für 59 Sponsoren gilt, auch gilt, wenn es sich lediglich um 50 Sponsoren handelt, wies das Oberlandesgericht hier offen – der Wink mit dem Zaunpfahl ist jedoch nicht zu übersehen.

Eine nach dem Datenschutzrecht wirksame Einwilligung setzt voraus, dass sie aktiv und informiert abgegeben wird. Aktiv bedeutet: eine Checkbox, mit der die Einwilligungserklärung elektronisch abgegeben werden soll, muss bei Aufruf der Seite leer sein. Der User muss selbst das Häkchen setzen, also aktiv tätig werden. Informiert bedeutet: der User soll präzise wissen, welcher einzelne Empfänger mit welchen einzelnen Daten was anstellen wird. Hier kommt der datenschutzrechtliche Zweckbindungsgrundsatz zum Ausdruck: Daten sollen nur für denjenigen Zweck verwendet werden, für den sie erhoben wurden. Und „Werbung“ als solche gibt es nicht – es gibt nur Werbung für ganz bestimmte Zwecke, für ganz bestimmte Arten von Angeboten. Das gilt erst recht, wenn die Adressliste nicht nur dem eigenen Unternehmen, sondern auch weiteren Werbepartnern zugutekommen soll.

Also: Klartext, Klartext, Klartext im Anmeldeformular – und keine sprachlichen Nebelwände.

 

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