Höhe der Abmahnkosten und des Lizenzschadens, Umfang der sekundären Darlegungslast des Anschlussinhabers und Verjährung des Schadensersatzanspruches bei Filesharing – das Amtsgericht Düsseldorf entschied mit Urteil vom 24.07.2015, Az. 57 C 15659/13:
- Um der sekundären Darlegungslast zu genügen. ist ein Vortrag erforderlich, dass eine konkret benannte Person nicht nur generell, sondern insbesondere zum Verletzungszeitpunkt Zugriff zum Internetanschluss der Beklagten gehabt hat, dass diese Person auf Grund ihres gewöhnlichen Nutzungsverhaltens als Verletzer allein in Betracht kommt oder im Rahmen der durchgeführten Nachforschungen, die die obergerichtliche Rechtsprechung vom Anschlussinhaber verlangt (vgl. BGH, Urteil vom 08.01.2014 „BearShare“ , Az. I 1 ZR 169/12), die Verletzungshandlung zugegeben hat oder seine Täterschaft zumindest überwiegend wahrscheinlich ist.
- Für den Anspruch auf Zahlung von Lizenzgebühren bei Urheberrechtsverstößen im Rahmen einer P2P-Tauschbörse ist die 3-jährige Regelverjährungsfrist des § 195 BGB maßgeblich; die Bestimmungen der §§ 102 UrhG, 852 BGB, wonach die Verjährung erst nach 10 Jahren eintritt, sind nicht anzuwenden, da die beklagte Partei selbst dann, wenn sie dies gewollt hätte, mit der Klägerin keinen urheberrechtlichen Lizenzvertrag über eine Weiterverbreitung im Rahmen eines Filesharing-Systems hätte schließen können.
- Die Klägerin kann als Schadensersatz einen Betrag in Höhe von 100,00 € für jedes Musikstück des Musikalbums verlangen.
- Die Abmahnkosten nach § 97 a Abs. 1 UrhG bemessen sich nach dem 10-fachen Wert des Lizenzschadens.
Worum geht es?
Zugrunde liegt eine Filesharing-Abmahnung aus dem Jahr 2010, also aus der Zeit vor dem durch das Gesetz gegen unseriöse Geschäftspraktiken vom 01.10.2013 (BGBl. I S. 3714) neu gefassten § 97a UrhG mit seiner Streitwertbegrenzung auf 1.000 €.
Die abgemahnte Anschlussinhaberin hatte zwar eine Unterlassungserklärung abgegeben, aber weder die Abmahnkosten ersetzt noch Lizenz-Schadensersatz geleistet. Sie verteidigte sich gegen die Klage mit dem Vortrag, ihr Internetanschluss werde hauptsächlich von ihrem damals 13 1/2 Jahre alten Sohn und ihrem Lebenspartner je mit ihren eigenen Computern genutzt, zu deren Musikkonsum besonders aktuelle Popmusik gehöre, während sie selbst klassische Musik höre. Weiter erhob sie die Einrede der Verjährung.
Wie entschied das Amtsgericht Düsseldorf?
Das Gericht befand, dass der Hinweis der Beklagten auf ihren Sohn und ihren Lebenspartner zu allgemein gewesen sei. Die Beklagte habe hierdurch ihrer sekundären Darlegungslast nicht genügt. Entsprechend dem BGH-Urteil „Sommer unseres Lebens“ müsse die Beklagte deshalb gegen sich sie tatsächliche Vermutung gelten lassen, dass sie als Anschlussinhaberin die Rechtsverletzung begangen habe.
Zur Verjährung des Anspruchss auf Ersatz der entgangenen Lizenzgebühren bereits nach 3 Jahren habe bereits das Amtsgericht Bielefeld in seinem Urteil vom 04.03.2014, Az. 42 C 368/13, festgehalten, dass es sich bei Urheberrechtsverstößen im Rahmen einer P2P-Tauschbörse dem Wesensmerkmal nach um unerlaubte Handlungen handele, für die gerade nicht die Grundsätze eines bereicherungsrechtlichen Schadensersatzanspruches anwendbar seien.
Welche Auswirkung hat das Urteil aus Düsseldorf auf die Filesharing-Praxis?
Für abgemahnte Anschlussinhaber erfreulich, für die Abmahner vielleicht weniger: Das Urteil erweitert zunächst die mittlerweile recht umfangreiche Sammlung der Gerichtsentscheidungen der jüngeren Zeit, wonach für den Anspruch auf Ersatz des Lizenzschadens die reguläre 3-jährige Verjährung und nicht die 10-jährige Verjährung gilt.
Zugleich erweitert das Urteil aber auch die Sammlung derjenigen Gerichtsentscheidungen, die einen präzisen und substantiierten Vortrag des beklagten Anschlussinhabers verlangen, nicht er selbst, sondern eine andere – möglicherweise unbekannte – Person habe Filesharing betrieben. Ein allgemeiner Hinweis auf Familienmitglieder soll hiernach also nicht ausreichen, um die tatsächliche Vermutung der Täterschaft zu entkräften.