OLG Bremen: Kein Kaufvertrag bei gehacktem eBayAccount

Das Oberlandesgericht Bremen entschied mit Beschluss vom 21.06.2012, Az. 3 U 1/12: Für die Tatsache, dass eine über ein bestimmtes eBay-Mitgliedskonto abgegebene Willenserklärung von dem jeweiligen Kontoinhaber abgegeben worden ist, spricht kein Anscheinsbeweis, da es an einem für die Annahme eines Anscheinsbeweises erforderlichen typischen Geschehensablauf fehlt.

Was war geschehen?

Im März 2010 bot der Kläger auf seinem eBay-Mitgliedskonto ein Motorrad der Marke Harley Davidson zum Kauf an. Am 25.03.2010 endete die vom Kläger initiierte Internetauktion mit dem Zuschlag auf ein Höchstgebot, das unter Verwendung des eBay-Mitgliedskontos des Beklagten abgegeben worden war. Der Beklagte selbst bestritt, dieses Höchstgebot abgegeben zu haben und verteidigte sich damit, dass eine andere – namentlich bezeichnete Person – seinen eBay-Account gehackt habe. Mit Urteil vom 01.12.2011, Az. 7 O 1832/10, wies das LG Bremen die Klage auf Schadenersatz wegen Nichterfüllung des Kaufvertrages ab. Gegen dieses Urteil legte der unterlegene Kläger Berufung zum OLG Bremen ein.

Wie entschied das Gericht?

Mit dem Beschluss kündigte das OLG Bremen an, die Berufung einstimmig nach § 522 Abs. 2 ZPO zurückweisen zu wollen. Der Kläger habe keinen Beweis angeboten, dass der Beklagte das Angebot selbst abgegeben habe. Die Beweislast liege beim Kläger.

Für die Tatsache, dass eine über ein bestimmtes Mitgliedskonto abgegebene Willenserklärung von dem jeweiligen Kontoinhaber abgegeben worden ist, spreche kein Anscheinsbeweis, da es an einem für die Annahme eines Anscheinsbeweises erforderlichen typischen Geschehensablauf fehle. Der Sicherheitsstandard im Internet sei derzeit nicht ausreichend, um aus der Verwendung eines geheimen Passworts auf denjenigen als Verwender zu schließen, dem dieses Passwort ursprünglich zugeteilt worden sei

Auch eine Inanspruchnahme des Beklagten unter dem Gesichtspunkt der Anscheinsvollmacht oder der Duldungsvollmacht scheide aus. Für eine Zurechnung des missbräuchlichen Verhaltens eines Dritten wäre es nicht ausreichend gewesen, wenn der Beklagte seine Zugangsdaten nicht sicher verwahrt hätte.

Welche Auswirkung hat die Entscheidung auf die Praxis?

Mit seinem Beschluss griff das OLG Bremen das Urteil des BGH vom vom 11.05.2011, Az.. VIII ZR 289/09, auf und liegt zugleich auf einer Linie mit mehreren vorangegangenen Entscheidungen verschiedener Landgerichte und Oberlandesgerichte.

Die Verpflichtung, im Streitfall letztlich die Identität des Käufers beweisen zu müssen, mag für eBay-Händler zunächst geradezu verstörend klingen. Indes dürfte das finanzielle Risiko für eBay-Verkäufer in der Praxis beherrschbar sein: In der Regel dürfte es nämlich möglich sein, sich an den Bieter mit dem zweithöchsten Gebot zu wenden, der schließlich auch ein Interesse an dem angebotenen Gegenstand hat.