Urteil: Kunde muss Schwimmkurs-Widerruf nicht bestätigen

Kein Double-opt-out für die Widerrufserklärung – das Amtsgericht München entschied mit Urteil vom 20.03.14, Az. 261 C 3733/14: Bei einem Fernabsatzvertrag bedarf es nach Ausübung des Widerrufsrechts keiner weiteren Bestätigung.

Was war geschehen?

Die spätere Beklagte buchte bei einem großen Münchner Unternehmen über dessen Internetseite einen Schwimmkurs. Noch am gleichen Tag bestätigte das Unternehmen den Vertrag. Kurz darauf, noch immer am gleichen Tag, stornierte die Kundin die Buchung. Hierfür füllte sie das Online-Stornierungsformular des Unternehmens aus und schickte es ab. Das Unternehmen erhielt die Stornierung, bestätigte sie aber der Kundin nicht.
In den Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Unternehmens steht: „„Bei online-Anmeldungen ist die Stornierung zusätzlich über die Webseite Kursbuchung/Stornierung eines Kurses“ unter Angabe der Buchungsnummer und der bei der Anmeldung angegebenen Emailadresse möglich.“
Sobald der Kunde das Stornierungsformular abschickt, erhält er eine neue Email mit folgendem Inhalt:
„Um die Stornierung final abzuschließen, müssen Sie diesen Link jetzt anklicken: Bitte klicken Sie hier, um final zu stornieren. Sobald wir Ihre Stornierungsbestätigung erhalten haben, bekommen Sie von uns eine weitere Mail, die die Stornierung bestätigt.“
Diese Stornierungsbestätigung schickte die Kundin nicht ab.
Das Unternehmen sandte der Kundin für den Schwimmkurs eine Rechnung über 117 €. Die Kundin bezahlte nicht. Daraufhin reichte das Unternehmen eine Klage gegen sie ein. Das Unternehmen vertrat den Standpunkt, die Stornierung sei unwirksam, weil sie von der Kundin trotz der Aufforderung nicht bestätigt worden sei.

Wie entschied das AG München?

Das Gericht gab der beklagten Kundin Recht. Der online gebuchte Schwimmkurs sei ein Fernabsatzvertrag im Sinn von § 312 b Abs. 1 BGB. Es handele sich um einen Vertrag über die Erbringung von Dienstleistungen zwischen der Klägerin, einem Unternehmen, und der Beklagten, einer Verbraucherin, der über Fernkommunikationsmittel, hier das Internet, abgeschlossen worden sei. Bei einem Fernabsatzvertrag stehe dem Verbraucher gemäß § 312 d Abs. 1 BGB ein Widerrufsrecht zu. Dieses Widerrufsrecht sei von der beklagten Kundin wirksam ausgeübt worden. Das klagende Unternehmen habe das von der Kundin ausgefüllte und abgeschickte Stornierungsformular erhalten. Der Widerruf sei rechtzeitig und in der richtigen Form erfolgt. Der Widerruf sei wirksam, obwohl die Kundin die Stornierungsbestätigung nicht abgeschickt habe. Eine solche zusätzliche Bestätigung nach Ausübung des Widerrufsrechts sei weder im Gesetz vorgesehen noch ergebe sie sich aus den Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Unternehmens. Die Kundin habe bei der Stornierung ihre Emailadresse und Buchungsnummer angeben müssen, so dass für die Klägerin die eindeutige Zuordnung möglich gewesen sei.

Welche Auswirkung hat das Urteil auf die Praxis?

Die vollständige Urteilsbegründung scheint noch nicht veröffentlicht zu sein, lediglich eine Pressemeldung gibt es – und die wirft eine Frage auf: ob nämlich nicht nach § 312 b Abs. 3 Nr. 6 BGB für den Schwimmkurs die Vorschriften über Fernabsatzverträge und damit ausgeschlossen gewesen wären und damit zugleich das Widerrufsrecht ausgeschlossen gewesen wäre.
§ 312 b Abs. 3 Nr. 6 BGB erfasst unter anderem Verträge über Dienstleistungen im Bereich der Freizeitgestaltung, wenn sich der Unternehmer bei Vertragsschluss verpflichtet, die Dienstleistungen zu einem bestimmten Zeitpunkt oder innerhalb eines genau angegebenen Zeitraums zu erbringen. Der Begriff der Dienstleistungen ist, wie beispielsweise das OLG Hamm in seinem Urteil zum Widerrufsrecht bei einem Online-Sportbootführerschein ausführte, weit zu verstehen. Er umfasst alle Rechtsgeschäfte, bei denen es nicht um die Lieferung einer Ware geht. Das trifft hier zu. Weiter ist ein Schwimmkurs typischerweise Teil der Freizeitgestaltung. Und schließlich steht üblicherweise von Anfang an fest, an welchen Tagen und zu welcher Zeit der Schwimmkurs stattfindet.
Wenn dann aber das Fernabsatzrecht nicht anwendbar ist und kein gesetzliches Widerrufsrecht besteht, liegt in der Möglichkeit, den Vertrag trotzdem nachträglich zu stornieren, ein freiwilliges Entgegenkommen des Unternehmens. Dann aber muss das Unternehmen grundsätzlich auch darin frei sein, zu bestimmen, wie die Stornierung zu erfolgen hat. Und dann muss auch eine „Double-opt-out“-Stornierung mit Stornierungsformular und nachfolgendem Stornierungslink, wie sie hier vorgegeben war, zulässig sein.