BGH-Urteil: Widerrufserklärung ohne Grund möglich

Widerruf des Fernabsatzvertrages und Rechtsmissbrauch – der Bundesgerichtshof (BGH) entschied mit Urteil vom 16.03.2016, Az. VIII ZR 146/15: Für die Wirksamkeit des Widerrufs eines im Internet geschlossenen Kaufvertrags genügt allein, dass der Widerruf fristgerecht erklärt wird. Es spielt grundsätzlich keine Rolle, aus welchen Gründen der Verbraucher von seinem Widerrufsrecht Gebrauch macht.

Wirksame Widerrufserklärung oder Rechtsmissbrauch – was war geschehen?

Der Kläger bestellte bei der Beklagten über das Internet zwei Matratzen. Die Beklagte lieferte die Matratzen im Januar 2014 aus. Der Kläger bezahlte den Kaufpreis. Unter Hinweis auf ein günstigeres Angebot eines anderen Anbieters und eine „Tiefpreisgarantie“ des Verkäufers bat der Kläger um Erstattung des Differenzbetrags von 32,98 €, damit er von dem ihm als Verbraucher zustehenden Widerrufsrecht absehe. Die Parteien konnten sich hierüber aber nicht einigen. Der Kläger widerrief den Kaufvertrag daraufhin fristgerecht und sandte die Matratzen zurück. Die Beklagte weigerte sich, den Kaufpreis zurückzuzahlen.

Bereits das Amtsgericht Rottweil mit Urteil vom 30.10.2014, Az. 1 C 194/14, und sodann in der zweiten Berufungsinstanz das Landgericht Rottweil mit Urteil vom 10.06.2015, Az. 1 S 124/14, gaben dem Kläger jeweils Recht und verurteilten die Beklagte, den Kaufpreis zurück zu zahlen.

Die Beklagte verteidigte sich damit, der Kläger habe sich rechtsmissbräuchlich verhalten. Der Widerruf sei deshalb unwirksam. Das Widerrufsrecht beim Fernabsatzgeschäft bestehe, damit der Verbraucher die Ware prüfen könne. Aus diesem Grund habe der Kläger aber nicht widerrufen. Ihm sei es vielmehr darum gegangen, eine (nach Auffassung der Beklagten ebenfalls unberechtigte) Forderung aus der „Tiefpreisgarantie“ durchzusetzen.

Wirksame Widerrufserklärung oder Rechtsmissbrauch – wie entschied der BGH?

Der BGH bestätigte die Entscheidung der Rottweiler Gerichte. Dem Widerruf stehe nicht entgegen, dass es dem Kläger darum gegangen sei, einen günstigeren Preis für die Matratzen zu erzielen. Für die Wirksamkeit des Widerrufs eines im Internet geschlossenen Kaufvertrags genüge allein die fristgerechte Widerrufserklärung. Nach der ausdrücklichen gesetzlichen Regelung müsse der Widerruf nicht begründet werden. Deshalb sei es grundsätzlich ohne Belang, aus welchen Gründen der Verbraucher von seinem Widerrufsrecht Gebrauch mache.

Welche Auswirkung hat das Urteil auf die Praxis im Fernabsatz?

Verbraucher müssen ihre Widerrufserklärung nicht begründen. Und sie brauchen nicht einmal einen nachvollziehbaren Grund für den Widerruf. Es genügt, dass sie den Fernabsatzvertrag, den Kauf im Webshop, rückgängig machen wollen – warum auch immer. So steht es nun einmal in § 355 BGB.

 

© RA Stefan Loebisch | Kontakt