Urteil gegen Vodafone: Unzulässige Drohung mit SCHUFA-Eintrag

Drohung mit SCHUFA-Eintrag: Das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf verbot der Vodafone D2 GmbH mit Urteil vom 09.07.2013, Az. I 20 U 102/12, in ihren an Verbraucher gerichteten Mahnungen folgenden Hinweis zu geben oder geben zu lassen: „Als Partner der Schutzgemeinschaft für allgemeine Kreditsicherung (SCHUFA) ist die Vodafone D2 GmbH verpflichtet, die unbestrittene Forderung der SCHUFA mitzuteilen, sofern nicht eine noch durchzuführende Interessenabwägung in Ihrem Fall etwas anderes ergibt. Ein SCHUFA-Eintrag kann Sie bei Ihren finanziellen Angelegenheiten, z.B. der Aufnahme eines Kredits, erheblich behindern. Auch Dienstleistungen anderer Unternehmen können sie dann unter Umständen nicht mehr oder nur noch eingeschränkt in Anspruch nehmen“.

Was war geschehen?

Kläger im Verfahren war der Verein Verbraucherzentrale Hamburg e.V., Beklagte die Vodafone D2 GmbH. Das von der Beklagten beauftragte Inkassounternehmen versandte mit Datum vom 16.08.2010 ein Mahnschreiben, in dem sich die angegriffene Drohung mit dem SCHUFA-Eintrag fand. Der Kläger erkannte in der solcherart formulierten Drohung mit dem SCHUFA-Eintrag eine unlautere Beeinträchtigung der Entscheidungsfreiheit der Verbraucher und damit wettbewerbswidriges Handeln. Der Kläger mahnte die Beklagte deshalb ab und machte pauschale Abmahnkosten geltend. Nachdem die Beklagte sich der Abmahnung nicht unterwarf, machte der der Kläger seine Ansprüche zunächst vor dem Landgericht (LG) Düsseldorf weiter geltend. Das LG Düsseldorf wies die Klage ab. Gegen dieses Urteil legte der Kläger dann Berufung zum OLG Düsseldorf ein.

Wie entschied das OLG Düsseldorf?

Das OLG Düsseldorf hob das Urteil des LG Düsseldorf auf. Durch die gewählte Formulierung werde auf den Adressaten des Mahnschreibens ein intensiver Druck zur Zahlung des geforderten Betrags ausgeübt. Es gebe im Geschäftsleben wohl kaum eine schwerwiegendere Drohung als die, dass man keinen Kredit mehr erhalten werde.

Die gewählte Formulierung der Drohung mit dem SCHUFA-Eintrag sei  nicht von der gesetzlichen Hinweispflicht nach § 28a Abs. 1 Nr. 4 Buchst. c. Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) gedeckt. Zu den Voraussetzungen der Übermittlung nach § 28a Abs. 1 Nr. 4 BDSG gehöre dabei gemäß Buchst. d., dass „der Betroffene die Forderung nicht bestritten“ habe.

Die Aussage, die Beklagte sei verpflichtet, der SCHUFA offene Forderungen mitzuteilen, sei folglich nur dann richtig und von der Hinweispflicht gedeckt, wenn diese Voraussetzung verdeutlicht würden. Durch das Fehlen eines entsprechenden Hinweises werde hingegen der unzutreffende Eindruck erweckt, die Mitteilung erfolge im Falle der Nichtzahlung zwangsläufig beziehungsweise liege dann allein im Ermessen der Beklagten.

Die Formulierung „unbestrittene Forderung“ sei nicht ausreichend, um dem in der Regel juristisch nicht vorgebildeten Adressaten zu verdeutlichen, dass es allein an ihm liege, durch ein einfaches Bestreiten der Forderung den angedrohten SCHUFA-Eintrag zumindest zunächst abzuwenden. Für erhebliche Teile des Verkehrs sei „unbestrittene Forderung“ kein Synonym für „Forderung, die Sie nicht bestritten haben“.

Die Formulierung in § 28a Abs. 1 Nr. 4 Buchst. d. BDSG „der Betroffene die Forderung nicht bestritten hat“ verdeutliche, dass es allein vom Betroffenen abhänge, ob die Forderung eine „unbestrittene“ ist. An dieser gesetzlichen Vorgabe müsse sich jeder

Hinweis messen lassen. Hinter dieser gesetzlichen Vorgabe dürfe der Hinweis wegen des mit der Mitteilung der drohenden SCHUFA-Eintragung einhergehenden hohen Drucks nicht zurückbleiben.

Welche Auswirkung hat das Urteil auf die Praxis?

Androhung des SCHUFA-Negativeintrags – (nicht nur) im Telekommunikationssektor ein beliebtes Druckmittel der Anbieter und ihrer Inkassounternehmen, um zahlungsunwillige Kunden gefügig zu machen. Und die Drohung mit dem SCHUFA-Negativeintrag wirkt: Dem SCHUFA-Kreditkompass 2013 beispielsweise auf Seite 13 zu entnehmen, dass die Verbraucher im Jahr 2012 rund 7,7 Millionen Kredite neu aufgenommen haben – gegenüber dem Jahr 2011 ein Zuwachs von 514.000 neuen Krediten. 7,7 Millionen neue Kreditverträge, nicht eine Kredit-Summe von 7,7 Millionen Euro. Manche Kredite werden von mehreren Personen gemeinsam aufgenommen – beispielsweise von einem jungen Ehepaar, das seine Wohnungseinrichtung in Raten abbezahlt. Allein im Jahr 2012 also mindestens 7,7 Millionen Menschen, die auf das neue von ihrem Scoring bei SCHUFA und anderen Wirtschaftsauskunfteien abhängig wurden. Da kann die Angst vor einer Verschlechterung der Kreditwürdigkeit schnell dazu führen, dass eine Rechtsverteidigung gegen eine falsche, deswegen gekürzte oder überhaupt nicht bezahlte, Telefonrechnung oder andere Rechnung unterbleibt oder vorschnell aufgegeben wird.

Wichtig: Das Gesetz beschränkt sich in § 28a Abs. 1 Nr. 4 Buchst. d. BDSG auf die karge Formulierung „Forderung nicht bestritten“. Das Gesetz fordert an dieser Stelle also keine detaillierte Darstellung, was an der Telefonrechnung (oder worum es sich immer handelt) falsch sein soll. Erst recht nicht fordert das Gesetz an dieser Stelle, dass der Kunde beweisen kann, dass die Abrechnung fehlerhaft erfolgte. Nein – „Forderung nicht bestritten“: Der Satz „Diese Rechnung kann nicht stimmen“ reicht aus.

Ergänzung vom 19.05.2015:

Der Bundesgerichtshof wies die Revision von Vodafone mit seinem Urteil vom 19.03.2015, Az. I ZR 157/13, zurück.

 

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