Redtube-Abmahnungen vom Dezember 2013 sind formal unwirksam und inhaltlich unbegründet – das Amtsgericht (AG) Hannover entschied mit Urteil vom 27.05.2014, Az. 550 C 13749/13: The Archive AG stehen keine finanziellen Ansprüche aus der Abmahnung vom 04.12.2013, insbesondere keine Forderung in Höhe von 250 € zu.
Was war geschehen?
Geklagt hatte eine Empfängerin einer der Abmahnungen von The Archive AG. Die Klägerin verlangte im Wege der negativen Feststellungsklage die gerichtliche Feststellung, dass gegen sie keine finanziellen Ansprüche aus der Abmahnung bestehen.
Wie entschied das AG Hannover?
Das AG Hannover entschied zugunsten der Klägerin.
Es fehle an der erforderlichen rechtswidrigen Verletzung eines nach dem Urheberrechtsgesetz geschützten Rechtes.
Es fehle auch an der notwendigen Bestimmtheit der Abmahnung im Sinne des § 97 a II Nr. 4 UrhG. Die in der Abmahnung begehrte Unterlassungsverpflichtung sei zu weitreichend formuliert. Das Unterlassungsverlangen von The Archive AG richte sich bzgl. des in der Abmahnung benannten Films auf das Unterlassen des Streamings als solches. Damit erfasse das Unterlassungsverlangen auch das zulässige Streaming.
Das Streaming sei jedenfalls dann nach § 44a Nr. 2 UrhG zulässig, wenn kurzfristig eine nicht offensichtlich rechtswidrige Vorlage gestreamt werde.
Jedenfalls sei eine Vervielfältigung jedenfalls unter den Voraussetzungen des § 53 I UrhG als Privatkopie zulässig. Die offensichtliche Rechtswidrigkeit müsse für den jeweiligen Nutzer erkennbar sein. Es obliege dem Rechteinhaber zu beweisen, dass die vervielfältigte Vorlage offensichtlich rechtswidrig hergestellt oder unerlaubt öffentlich zugänglich gemacht worden sei. Ein entsprechender Beweisantritt seitens The Archive AG sei ausgeblieben. Der durchschnittliche Internetznutzer könne davon ausgehen, dass die Betreiber eines Streaming-Portals die erforderlichen Rechte an den Filmen erworben haben.
Welche Auswirkung hat das Urteil auf die Praxis?
Das Urteil des AG Hannover ist begrüßenswert, da es in seiner Urteilsbegründung über den konkreten Fall hinausgeht und die Rechtslage zum Streaming allgemein abhandelt. Insbesondere stellt das Gericht einen grundsätzlichen Vertrauenstatbestand zugunsten des Besuchers eines Video-Portals fest.
Sehr wichtig ist weiter die Feststellung, dass die Abmahnung vom Dezember 2013 zu weit gefasst und damit formal unwirksam war: Anschlussinhaber, die die Redtube-Abmahnung anwaltlich beantworten ließen, haben damit einen gesetzlichen Schadensersatzanspruch – ihnen sind nach § 97a Abs. 4 UrhG die Kosten ihrer Rechtsverteidigung, die Vergütung also, die sie ihrem Anwalt hierfür bezahlten, zu ersetzen.
Die Entscheidungsgründe aus dem Urteil des AG Hannover veröffentlichte der Kollege Feil auf seiner Website →hier.