Wohlverhaltensperiode und Restschuldbefreiung

Restschuldbefreiung – nach dem Ablauf der Wohlverhaltensphase soll die Schuldnerpartei die Chance für einen wirtschaftliche Neuanfang erhalten. Was es mit der Wohlverhaltensphase (auch Wohlverhaltensperiode genannt) auf sich hat, soll hier näher beschrieben werden.

Restschuldbefreiung – was ist das überhaupt?

Die Wirkung der Restschuldbefreiung ist in § 301 InsO geregelt. Der Begriff „Restschuldbefreiung“ ist allerdings missverständlich: Die offenen Forderungen der Gläubiger gegenüber der Schuldnerpartei erlöschen nicht. Die Schuldnerpartei kann lediglich den Gläubigern gegenüber die Leistung verweigern.

Restschuldbefreiung nur auf Antrag

Die Restschuldbefreiung erfolgt nicht automatisch. Sie setzt nach § 281 Abs. 1 InsO einen Antrag der Schuldnerpartei voraus. Dieser Antrag auf Restschuldbefreiung soll mit dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens verbunden werden.

Abtretung von Arbeitseinkommen und laufenden Bezügen

Nach § 287 Abs. 2 InsO muss die Schuldnerpartei dem Antrag auf Restschuldbefreiung eine Abtretungserklärung beifügen, wonach die Schuldnerpartei für die Dauer von sechs Jahren ab Eröffnung des Insolvenzverfahrens pfändbare Forderungen auf Bezüge aus einem Dienstverhältnis oder an deren Stelle laufende Bezüge an den vom Gericht bestellten Treuhänder abtritt. Die Anlage 3 zum amtlichen Formular für das Verbraucherinsolvenzverfahren und das Restschuldbefreiungsverfahren umfasst diese Abtretungserklärung. Aufgabe des Treuhänders ist es, die abgetretenen Gelder planmäßig an die Insolvenzgläubiger zu verteilen, um auf diese Weise deren Forderungen so weit als möglich auszugleichen.

Die Schuldnerpartei tritt die pfändbaren Anteile folgender Bezüge ab:

  • Jede Art von Arbeitseinkommen, Dienst- und Versorgungsbezüge der Beamten, Arbeits- und Dienstlöhne, Arbeitsentgelt für Strafgefangene;
  • damit auch Schichtzuschläge, Sonn- und Feiertagszuschläge, geldwerte Vorteile für private Nutzung eines Dienstautos, geldwerte Vorteile durch Essenszuschüsse;
  • Ruhegelder und ähnliche fortlaufende Einkünfte, die nach dem Ausscheiden aus dem Dienst- oder Arbeitsverhältnis gewährt werden;
  • sonstige Vergütungen für Dienstleistungen aller Art, die die Erwerbstätigkeit des Zahlungsempfängers vollständig oder zu einem wesentlichen Teil in Anspruch nehmen;
  • Bezüge, die Arbeitnehmer zum Ausgleich für Wettbewerbsbeschränkungen für die Zeit nach Beendigung seines Dienstverhältnisses beanspruchen können;
  • Hinterbliebenenbezüge, die wegen des früheren Dienst- oder Arbeitsverhältnisses gezahlt werden;
  • Renten, die aufgrund von Versicherungsverträgen gewährt werden, wenn diese Verträge zur Versorgung des Versicherungsnehmers oder seiner unterhaltsberechtigten Angehörigen geschlossen worden sind;
  • Renten und sonstige laufende Geldleistungen der Sozialversicherungsträger oder der Bundesanstalt für Arbeit im Fall des Ruhestandes, der teilweisen oder vollständigen Erwerbsunfähigkeit oder der Arbeitslosigkeit
  • alle sonstigen, diesen Bezügen rechtlich oder wirtschaftlich gleichstehende Bezüge, z.B. auch Wohngeld.

Nicht von der Abtretung erfasst sind beispielsweise

  • Sozialhilfe;
  • Erziehungsgeld;
    Kindergeld;
  • Studienbeihilfen wie z.B. BaföG oder Stipendien;
  • Pflegegeld der Pflegeversicherung an den Pflegebedürftigen;
  • Trinkgelder;
  • Geschenke;
  • Gewinne aus Lotterien etc.;
  • Taschengeldanspruch des nicht erwerbstätigen Schuldners gegenüber seinem Ehepartner;
  • die Hälfte von Überstundenvergütungen sowie Gefahrenzulagen und Schmutzzulagen;
  • Urlaubsgeld;
  • Treuegelder wie z.B. zur 25-jährigen Betriebszugehörigkeit;
  • Aufwandsentschädigungen wie z.B. Fahrtkostenerstattung;
  • Blindenzulagen;
  • Weihnachtsgeld bis zur Hälfte des monatlichen Arbeitseinkommens, maximal bis 500.- €;
  • Heirats- und Geburtsbeihilfen;
  • Sterbebezüge.

Der Anspruch auf vermögenswirksame Leistungen des Arbeitgebers ist nicht übertragbar und damit auch nicht pfändbar.

Was bedeutet Unpfändbarkeit?

Unpfändbarkeit bedeutet: Der Schuldnerpartei stehen Bezüge unterhalb der Pfändungsfreigrenze uneingeschränkt zur Verfügung stehen. Alle über die Pfändungsfreigrenze hinausgehenden Bezüge muss die Schuldnerpartei an den Treuhänder herausgeben.

Die aktuellen Pfändungsfreigrenzen ergeben sich nicht mehr aus dem Gesetzestext des § 850c ZPO, sondern aus der jeweils geltenden Pfändungsfreigrenzenbekanntmachung. Bei einer Person ohne Unterhaltsverpflichtungen liegt die Pfändungsfreigrenze seit dem 01.07.2013 bei 1.049,99 € monatlich. Ab dem 01.07.2015 wird sich dieser Betrag auf 1.079,99 € monatlich erhöhen.

Weitere Pfändungseinschränkungen ergeben sich aus §§ 850 ff ZPO.

Hat die Schuldnerpartei bereits Gehalt abgetreten, muss in der Abtretungserklärung darauf hingewiesen werden. Diese Abtretungen bleiben für die Gläubiger in der Insolvenz für 2 Jahre bestehen.

Häufiges Praxisbeispiel ist eine Verpfändung des Gehalts an die Bank anlässlich der Kontoeröffnung, um zugleich einen Dispo-Kredit eingeräumt zu erhalten.

Wie lange dauert die Wohlverhaltensphase?

Die Wohlverhaltensphase dauert grundsätzlich 6 Jahre.

Durch das Gesetz zur Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens und zur Stärkung der Gläubigerrechte (GlRStG) kann in Verfahren, die nach dem 01.07.2014 beantragt wurden, die Wohlverhaltensphase

  • auf 5 Jahre verkürzt werden, wenn mindestens die Verfahrenskosten ausgeglichen sind;
  • auf 3 Jahre verkürzt werden, wenn zusätzlich mindestens 35 % der Forderungen der Insolvenzgläubiger ausgelichen sind;
  • sofort beendet und Restschuldbefreiung erteilt werden, wenn die Verfahrenskosten beglichen und alle sonstigen Masseforderungen (§ 55 InsO) sowie alle Insolvenzforderungen befriedigt worden sind – Folge ist, dass die Restschuldbefreiung nur noch die Forderungen derjenigen Gläubiger betrifft, die nicht am Insolvenzverfahren teilgenommen haben.

Restschuldbefreiung und SCHUFA-Eintrag

Ein bitterer Tropfen verbleibt auch nach der Restschuldbefreiung – der SCHUFA-Eintrag. Die Forderungen werden zwar als durch die Restschuldbefreiung erledigt gekennzeichnet – die Restschuldbefreiung als solche bleibt jedoch für 3 Jahre eingetragen und zeigt unmissverständlich an, dass ein Insolvenzverfahren stattfand. Weitere Informationen zum SCHUFA-Eintrag nach der Restschuldbefreiung gibt es hier.

Zusammenfassung:

Die Schuldnerpartei muss die Restschuldbefreiung beantragen. Für die Dauer der Wohlverhaltensphase tritt die Schuldnerpartei die pfändbaren Bezüge an den Treuhänder ab, der die Forderungen der Gläubiger reguliert. Die Restschuldbefreiung kann 3 Jahre lang bei der SCHUFA eingetragen bleiben.