OLG Köln: Urteil zu Tonbändern mit Helmut-Kohl-Interviews

Helmut Kohl darf Interview-Tonbänder behalten – das Oberlandesgericht (OLG) Köln entschied mit Urteil vom 01.08.2014, Az. 6 U 20/14: Der Journalist Heribert Schwan hat kein Recht zum Besitz an den Tonbändern, auf denen seine Interviews mit Altbundeskanzler Helmut Kohl aufgezeichnet sind. 

Was war geschehen?

Kläger im Verfahren war Altbundeskanzler Helmut Kohl. Beklagter war der Journalist Heribert Schwan. Der Beklagte sollte ursprünglich als Ghostwriter die Biographie von Helmut Kohl verfassen. Zu diesem Zweck führten die beiden in den Jahren 2001 und 2002 umfangreiche Gespräche, die auf Tonband aufgezeichnet wurden. 2009 beendete Kohl die Zusammenarbeit mit Schwan und verlangte die Herausgabe der Tonbänder mit den Interviews. Bereits das Landgericht (LG) Köln verurteilte Schwan zur Herausgabe.

Wie entschied das OLG Köln zur Herausgabe der Tonbänder?

Das OLG Köln bestätigte im Ergebnis das Urteil des Landgerichts Köln. Hierbei ließ das OLG Köln allerdings offen, ob die Urteilsbegründung des Landgerichts zutrifft. Der Kläger Helmut Kohl habe nämlich einen Anspruch auf Herausgabe der Tonbänder, weil er durch die Aufzeichnung seiner Stimme Eigentum an den Tonbändern erlangt habe. Nach § 950 BGB erwerbe derjenige, der durch Verarbeitung eine neue bewegliche Sache herstelle, das Eigentum ihren, sofern nicht der Wert der Verarbeitung erheblich geringer sei als der Wert des verarbeiteten Stoffes. Als Verarbeitung im Sinne von § 950 BGB gelte unter anderem das Schreiben oder das Malen. Die Tonbandaufnahmen seien damit vergleichbar.

Als Hersteller der Tonbandaufzeichnungen sei der Kläger, Helmut Kohl, anzusehen. In seinem Namen und seinem wirtschaftlichen Interesse seien die Tonbandaufzeichnungen erstellt worden. Die Tonbandaufzeichnungen hätten alleine als Materialsammlung für die Vorbereitung des Manuskripts seiner Memoiren gedient. Die Entscheidungsbefugnis über den Inhalt der Aufzeichnungen und über deren Verwendung sollte alleine beim Kläger, Helmut Kohl, liegen. Die Situation sei daher nicht mit einem Interview vergleichbar, das ein Journalistzum Zweck der Berichterstattung zu einen tagesaktuellen Geschehen führe.

Welche Auswirkung hat das Urteil des OLG Köln auf die Praxis?

Das OLG Köln ließ die Revision zum Bundesgerichtshof zu.

Interessant der Standpunkt des OLG Köln, dass eine Verarbeitung der Tonbänder nach § 950 BGB erfolgt sei, indemauf den Bändern die gesprochenen Erinnerungen von Helmut Kohl aufgezeichnet wurden. Soweit ersichtlich, handelt es sich bei dem Urteil vom 01.08.2014 zumindest um die erste obergerichtliche Entscheidung mit diesem Inhalt: noch in der aktuellen Ausgabe des Jahres 2014 verneint der „Palandt„, der wohl führende Praxiskommentar zum BGB, eine Verarbeitung nach § 950 BGB, wenn Tonbänder, Videobänder oder Disketten bespielt werden. Wer sich dafür genau interessiert: Palandt – Bassenge, 73. Auflage 2014, § 950 BGB Randnummer 3 ganz am Ende mit weiterem Nachweis.

Es bleibt spannend, ob der unterlegene Beklagte den Gang zum Bundesgerichtshof wählen wird und am Ende dieser entscheidet.

Nachtrag: Revision zum Bundesgerichtshof

Spiegel Online meldete am 06.09.2014, der vor dem OLG Köln unterlegene Beklagte Heribert Schwan habe Revision zum Bundesgerichtshof eingelegt. Zu dem Artikel geht es _hier.

 

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