OLG Frankfurt Main: Negativeintrag trotz Restschuldbefreiung

Negative Bonitätsauskunft trotz Restschuldbefreiung – das Oberlandesgericht Frankfurt am Main entschied mit Urteil vom 17.12.2015, Az. 1 U 128/15: Wirtschafts-Auskunfteien dürfen den Negativ-Eintrag, dass einem Insolvenzschuldner die Restschuldbefreiung erteilt wurde, grundsätzlich mindestens 3 Jahre aufbewahren, auch wenn die Bekanntmachung in dem Online-Portal insolvenzbekanntmachungen.de bereits gelöscht wurde.

Was war geschehen?

Nach erfolgreichem Insolvenzverfahren und nachfolgender Wohlverhaltensphase wurde dem späteren Kläger im Jahr 2013 die Restschuldbefreiung erteilt. Dies wurde in dem Online-Portal insolvenzbekanntmachungen.de veröffentlicht.

Die dann beklagte Wirtschafts-Auskunftei speicherte diese Daten. Der Kläger verlangte, die Information, dass ihm die Restschuldbefreiung erteilt worden war, zu löschen. Er vertrat die Auffassung, die Speicherung sei rechtswidrig, da die Daten zwischenzeitlich von dem Portal insolvenzbekanntmachungen.de entfernt worden seien. Außerdem habe die Wirtschafts-Auskunftei bei der Speicherung keine Interessensabwägung vorgenommen.

Restschuldbefreiung und Datenspeicherung – wie entschied das Gericht?

Das Oberlandesgericht Frankfurt wies die Klage ab. Die Wirtschafts-Auskunftei habe die Daten zu Recht speichern dürfen. Dem Kläger stehe kein Löschungsanspruch zu.

§ 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BDSG setze nicht voraus, dass die Daten auch noch während der gesamten Speicherdauer allgemein zugänglich seien. Nach dem Gesetzeswortlaut komme es nur darauf an, dass die Daten öffentlichen Quellen entnommen werden konnten. Deswegen sei alleine der Zeitpunkt der Speicherung maßgeblich für die Frage, ob die Daten einer öffentlichen Quelle entnommen wurden. Eine zeitliche Einschränkung für die weitere Speicherdauer sei nicht enthalten.

Die beklagte Wirtschafts-Auskunftei habe auch keine Interessenabwägung vornehmen müssen. Eine derartige Interessenabwägung sei bei der Datenspeicherung für eigene Geschäftszwecke erforderlich. Bei der geschäftsmäßigen Datenerhebung zum Zweck der Übermittlung (§ 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BDSG) gebe es dieses Erfordernis einer Interessenabwägung nicht: § 29 Abs. 1 Satz 2 BDSG verweise lediglich auf § 28 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 3 bis 3b BDSG. Diese Vorschriften aber enthielten keine Verpflichtung zur Vornahme einer einzelfallbezogenen Interessenabwägung.

Welche Auswirkung hat das Urteil auf die Praxis für Insolvenzschuldner?

Bereits das Amtsgericht Wiesbaden führte zu dieser Rechtsfrage an der Schnittstelle von Insolvenzrecht und Datenschutzrecht mit Beschluss vom 13.01.2011, Az. 93 C 107/11, aus:

„Der Umstand, dass dem Antragsteller durch die Speicherung der Restschuldbefreiung für den Zeitraum von drei Jahren nicht in unbeschränkter Weise der Weg zu neuen Kreditverträgen öffnet wird, ist insofern hinzunehmen. Zweck der Restschuldbefreiung ist nicht, einem Schuldner einen Neuanfang ohne Überprüfung seiner Kreditfähigkeit zu ermöglichen.“

Für das Urteil des Oberlandesgerichts Frankfurt, gilt, was in einer Besprechung der Wiesbadener Entscheidung gesagt wurde: § 35 BDSG legt dem ehemaligen Insolvenzschuldner außerhalb des Insolvenzrechts eine zusätzliche Bewährungszeit auf, die innerhalb der Insolvenzordnung keinen Wiederhall findet.

 

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