Filesharing: Keine Störerhaftung für erwachsenen Besuch – BGH-Urteil

Unerlaubtes Filesharing durch volljährigen Besuch und Störerhaftung des Anschlussinhabers – der Bundesgerichtshof (BGH) entschied mit Urteil vom 12.05.2016, Az. I ZR 86/15: Den Inhaber eines Internetanschlusses, der volljährigen Mitgliedern seiner Wohngemeinschaft, seinen volljährigen Besuchern oder Gästen einen Zugang zu seinem Internetanschluss ermöglicht, trifft keine anlasslose Belehrungs- und Überwachungspflicht und deswegen auch keine Störerhaftung.

Filesharing durch erwachsenen Besuch – was war geschehen?

Die Klägerin ist Inhaberin der ausschließlichen Verwertungsrechte an dem Film „Silver Linings Playbook“. Sie verlangte von der Beklagten als Inhaberin eines Internetanschlusses nach einer Filesharing-Abmahnung den Ersatz von Abmahnkosten in Höhe von 755,80 €. Die Beklagte verteidigte sich damit, ihre in Australien lebende Nichte und deren Lebensgefährte hätten anlässlich eines Besuchs mithilfe des ihnen überlassenen Passworts für den WLAN-Router die Verletzungshandlung begangen.

Das Amtsgericht Hamburg wies die Klage mit Urteil vom 08.07.2014, Az. 25b C 887/13, ab. Das Landgericht Hamburg als Berufungsgericht hingegen verurteilte die Beklagte antragsgemäß mit Urteil vom 20.03.2015, Az. 310 S 23/14.

Der Bundesgerichtshof stellte mit seiner Entscheidung vom 12.05.2016 das klageabweisende Urteil des Amtsgerichts Hamburg wieder her.

Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts hafte die Beklagte nicht als Störerin für die von ihrer Nichte und deren Lebensgefährten begangenen Urheberrechtsverletzungen auf Unterlassung. Die Beklagte sei nicht verpflichtet gewesen, ihre Nichte und deren Lebensgefährten anlasslos über die Rechtswidrigkeit der Teilnahme an Internet-Tauschbörsen zu belehren. Den Inhaber eines Internetanschlusses, der volljährigen Mitgliedern seiner Wohngemeinschaft, seinen volljährigen Besuchern oder Gästen einen Zugang zu seinem Internetanschluss ermöglicht, treffe keine anlasslose Belehrungspflicht und Überwachungspflicht. Eine solche Belehrungs- und Überwachungspflicht setze konkrete Anhaltspunkte für eine rechtswidrige Nutzung des Internetanschlusses voraus.

Welche Auswirkung hat das Urteil auf die Praxis?

Die Feinheiten der Urteilsbegründung werden sich erst aus dem Volltext ergeben – dessen Veröffentlichung steht noch aus.

Das Urteil setzt den Gedanken des BGH aus dessen Urteil „BearShare“ vom 08.01.2014, Az. I ZR 169/12, fort, wonach der Inhaber eines Internetanschlusses für das Verhalten eines volljährigen Familienangehörigen nicht haftet, wenn er keine Anhaltspunkte dafür hatte, dass dieser den Internetanschluss für illegales Filesharing missbraucht. Zur Begründung führte der BGH in seiner Entscheidung „BearShare“ aus, dass Volljährige für ihre Handlungen selbst verantwortlich sind. Ob und inwieweit diese Grundsätze bei einer Überlassung des Internetanschlusses durch den Anschlussinhaber an andere ihm nahestehende volljährige Personen wie etwa Freunde oder Mitbewohner entsprechend gelten, ließ der BGH in diesem Urteil noch ausdrücklich offen. Nun also entschied der BGH die Frage in dem Sinne, dass zwischen erwachsenen Familienmitgliedern und anderen volljährigen Mitbewohnern und Gästen kein Unterschied zu machen ist.

Die Entscheidung des BGH vom 12.05.2016 ist logisch – schließlich fußt der Gedanke, dass volljährige Personen selbst verantwortlich sind und nicht überwacht werden müssen, alleine auf deren Alter und Lebenserfahrung und nicht auf einer wie auch immer ausgestalteten familienrechtlichen Verbindung.

Für die Verteidigung gegen eine Filesharing-Abmahnung, bei der der Internet-Anschluss einer Wohngemeinschaft dient oder Gäasten zur Verfügung stand, ist das Urteil des BGH ein Fortschritt.

 

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