Telekommunikationsrecht: BGH zu den Hinweispflichten des Mobilfunkanbieters bei Internet-Volumentarif

Der Bundesgerichtshof entschied mit Urteil vom 15.03.2012, Az. III ZR 190/11: Ein Mobilfunkanbieter, der den Vertragsumfang um mobilen Internetzugang erweitert, ist verpflichtet, den Kunden gesondert darauf hinzuweisen, wenn insoweit volumen- und nicht mehr zeitabhängig abgerechnet wird.

Was war geschehen?

Der klagende Mobilfunkanbieter machte gegen den beklagten Kunden unter anderem Verbindungsentgelte in Höhe von rund 751 € nebst Umsatzsteuer für den Abruf eines Films via YouTube geltend. Der Beklagte hatte ursprünglich im Jahr 2004 einen Mobilfunkvertrag geschlossen. Dieser Vertrag hatte die Datenübertragung noch nicht erfasst. In den zugrunde gelegten Allgemeinen Geschäftsbedingungen hieß es unter anderem:

„4.1 Der Kunde ist zur Zahlung der Benutzungsbeträge verpflichtet, wie sie sich aus den von Cellway veröffentlichten Tarifen in der jeweils gültigen Fassung im Einzelnen ergeben …

4.10 Sämtliche Bepreisungen für die Nutzung neuer Zugangs- und Sonderdienste, die erst zukünftig eingeführt oder in modifizierter Form angeboten werden, stellt unser Kundendienst auf Anfrage zur Verfügung.“

 

Im Mai 2007 hatte der Beklagte bei einem anderen Unternehmen ein internetfähiges Mobiltelefon erworben. Am 01.01.2008 hatte er damit über YouTube einen Film abgerufen. Dieser Film hatte ein Datenvolumen von 45.835 KB bei einer Dauer von 21:17 Minuten verbraucht.

Der Mobilfunkanbieter berechnete dies auf Grundlage eines Volumentarifs. Der Kunde weigerte sich, das Verbindungsentgelt zu bezahlen.

Wie entschied das Gericht?

Das Mobilfunkunternehmen sei bei Erweiterung des Angebots um den mobilen Internetzugang zu einem Hinweis auf die mit der volumenabhängigen Entgeltberechnung verbundenen Gefahren verpflichtet gewesen. Eine gesetzlich normierte Pflicht hierzu bestehe noch nicht. Jedoch könne eine solche Informationspflicht als Nebenpflicht zum Mobilfunkvertrag bestehen. Insbesondere in Bereichen, in denen nicht spezifisch vorgebildeten Verbrauchern die Nutzung anspruchsvoller Technik angeboten wird, komme eine solche Hinweis- und Aufklärungspflicht des Vertragspartners in Betracht. Ein Durchschnittskunde habe bei der Erweiterung des Leistungsspektrums der Klägerin nicht davon ausgehen müssen, dass das Mobilfunkunternehmen das Entgelt für den neuen Dienst nach anderen Parametern berechnen werde als für den Telefonverkehr. Zwischen dem Mobilfunkanbieter und dem Kunden habe ein Informationsgefälle bestanden, das eine Hinweispflicht zur Wahrung der Interessen des Kunden begründet habe.

Wegen des unterlassenen Hinweises stehe dem Kunden gegen das Mobilfunkunternehmen möglicherweise ein Schadenersatzanspruch in Höhe des streitigen Verbindungsentgelts entgegen.

Welche Auswirkung hat die Entscheidung auf die Praxis?

Das Urteil trägt dem Umstand Rechnung, dass auch das internetfähige Mobiltelefon längst Allgemeingut geworden ist, indes die Kenntnis um die technischen Hintergründe weiterhin Spezialwissen geblieben ist.